Sylvesterglocken! Sie tönen
So hell durch die kalte Luft,
Sie läuten das Jahr zu Grabe
Mit Weihnachtstannenduft.
Sie klingen mir tief in die Seele
Und wecken Erinn'rung darin -
Ihr Klingen und Tönen und Klagen,
Es will mir nicht aus dem Sinn.
Das Jahr, das scheidende brachte
Des Wechselvollen so viel -
Der Wind brach Blätter und Blüten
Und trieb mit ihnen sein Spiel.
Erst kam die Lieb' und ich jauchzte
Im überseligem Glück,
Es blühten die Rosen und meinten
Zu trotzen dem Sturm, dem Geschick.
Und aus den dräuenden Wolken
Ein Blitzesstrahl zuckte herab -
Da war es vorbei, vorüber,
Glück, Liebe - sie lagen im Grab!
Und eh' noch zur Sonnenwende
Das Jahr sich herniedergeneigt,
Da hat in fieberndem Schauern
Der Tod mir sein Antlitz gezeigt.
Doch mahnend wich er von hinnen,
Noch eh' er mein Antlitz geküßt:
Denk' ernst des ewigen Wortes,
Daß Staub nur und Asche du bist! -
Sylvesterglocken! Sie läuten
Ein heiliges, ernstes Gebet:
Wie schnell entfliehen die Freuden,
Wie bald ist der Lenz doch verweht!
Aus: Tropfen im Ocean
Dichtungen von Eufemia Gräfin Ballestrem
Dresden C. Pierson's Buchhandlung 1878