Morgenfroh

 
Nun brennt der alte Fichtenwald
Im frühen Tag rubinenrot;
Das Korn, das hoch im Winde wallt,
Ist ganz von lichtem Mohn durchloht.

O Morgen! junge Majestät,
Du wanderst über Demantgras;
Und wie in hellen Bechern steht
In Anemonen Tauesnaß.

Auf Flügeln von dem Dämmerrot
Rauscht wolkenhoch die Freude her —
Da schleicht im Spinnwebkleid die Not
In Nächte, die von Sternen leer ...

Und wo ihr Fuß berührt den Weg,
Da werden Purpurblumen blaß.
"Was schattest du den Sonnensteg?
Und kommst so grinsend übers Gras?

Was rührst du mir mit grauer Hand
Die morgenfrohen Augen an?
Geh aus dem heilgen Sommerland —
Hier ist nicht Rast für dich, noch Bahn ..."

Da werden ihre Blicke weit —
Sie hüllt die Stirn, und flieht zum Wald —
Denn feldwärts stürmt in Heiterkeit,
Mein Lieb in Jugendallgewalt.

Er kommt mit einem Schritt wie Tanz
Durch dieses taugetaufte Land —
Im Wildgelock den Schlehenkranz,
Und frühe Rosen in der Hand ...

Lacht nicht die Zeit im Glockenschlag,
Und läutet ein das Glück, das Glück?
Du bist ja meiner Seele Tag,
Der nie mehr geht in Nacht zurück ... aus: Alberta von Puttkamer – Jenseit des Lärms. Dichtungen
Schuster & Loeffler, Berlin und Leipzig, 1904

Collection: 
1885

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