Minneweisen

 
Frauenminne
Es ist wohl Frauenminne
Ein blühender Rosenstrauch;
Ich ward der Rosen inne
Und seiner Dornen auch.

Doch ob sie mir zerrissen
Das Herze und die Hand,
Ich möcht' das Weh nicht missen
Zur Wonne, die ich fand!

Das ist wohl eine alte Lehr'

Das ist wohl eine alte Lehr',
Die kommt von langen Tagen her:
Wer Minne will genießen,
Muß Lust mit Leiden büßen.

Und wer die Minne erst erstand,
Der trug wohl vieles Leid ins Land,
Daran die Herzen kranken
Und das sie doch ihm danken.

Denn hätt' ich niemals dich geseh'n
Und müßt' an dir vorübergeh'n
Und dürfte dich nicht lieben -
Wie arm wär' ich geblieben!

Im Rosengärtlein
Im Rosengärtlein deiner Wangen
War ich ein stiller Minnegast;
Und wie mir's da so süß ergangen,
Das neidet mir ein König fast.

Wohl tausend Küsse tät' ich nehmen,
Mir sind die Lippen purpurrot -
Ich möcht' mich freu'n und möcht' mich schämen
All' meiner Seligkeit und Not!

Auf Waldeswegen
Scheu, wie der Berghirsch durch die Waldnacht zieht,
Schweif' ich umher, verfolgt von deiner Schöne!
Es rauscht im Wipfel und die Erde blüht,
Der Wald schickt alle seine Zaubertöne.

Und aus dem Waldgrün lockt dein Bild so hell,
Es lockt der Vogel und es summt die Biene -
Der Bergquell murmelt und am Bergesquell
Wart' ich auf dich – du schöne Melusine!

Zwiegespräch
Süße Frau, o spart die Worte,
Sie verklingen nur im Ohr;
Denn Vernunft hat enge Pforte
Und das Herz ein weites Tor!

Um vor Euch mich zu beschützen,
Sprecht mich nicht so weise an,
Süße Frau! denn wenig nützen
Weise Lehren wundem Mann.

Eure schönen Augen strafen
Alles Lügen, was Ihr sprecht -
Minne hat so lang geschlafen - -
Minne wacht und will ihr Recht!

Bergessturm
Dein Schiff zerbrach, der Sturm
Tobt ohne Gnade;
Ich trug an meinem Hals
Dich ans Gestade.

Dann küßt' ich deinen Mund -
Einmal hienieden! - -
Ich fühl' ihn noch, den Kuß,
Mit dem wir schieden!

Ich trug dich aus dem Sturm
Wohl sonder Zagen;
Warum hast du den Sturm
In mich getragen?

Frühlingsabend
Heißer hab' ich's nie empfunden
Jenes tiefe, stumme Glüh'n,
Das mich bannt zu allen Stunden
An dein Schweigen und dein Blüh'n -

Als in diesen linden Tagen,
Wo der erste Lenz schon keimt,
Schon voll Glut und noch voll Zagen -
Lug' – wie sich der Himmel säumt!

Purpurn glüh'n die Bergesklippen
Und dann dämmert's, stumm und sacht - -
So, an deinen Purpurlippen,
Möcht' ich warten – auf die Nacht!

Dahin
Du bist dahin gegangen,
Ich saß noch lange Zeit;
Das Feuer auf den Wangen,
Im Herzen Seligkeit.

Ich träum' von fernen Welten
In dumpfer, süßer Glut;
Von Wüstensand und Zelten,
Von Sturm und Meeresflut,

Von Wonnen und von Sorgen -
Doch durch mein Träumen bricht
Wie Heimat und wie Morgen
Der Minne lohend Licht.

Es brennen meine Wangen,
O wie ich selig bin!
Du bist dahin gegangen - -
Nein! – Du gehst nie dahin!

Fahr' wohl
Fahr' wohl, du süße Frau;
Fahr' wohl, du traute Stadt;
So soll es enden denn,
Was doch kein Ende hat!

Ach! in dein braunes Aug'
Hab' ich zu tief geschaut,
Und in dein lauschend Herz
Sprach ich zu laut, zu laut.

Uns schloß die Nacht nicht mehr
Die müden Augen zu;
So soll es enden denn
Mit langer, langer Ruh'!

Doch fließt der Rhein hinab
Wohl auch manch' langes Jahr,
Eh' ich's vergessen hab',
Wie schön, wie schön das war.

Der Trauten
Du bist's, du schöne Traute,
An der mein Herz ward wund,
An der mein Frohsinn welkte,
An der verstummt' mein Mund!

Fort ist der Jugendschimmer,
Verloschen ist die Zier -
Und immer noch, noch immer
Hängt all' mein Herz an dir

Und an dem Leidgewinne,
Den ich bei dir gewann -
So selig ist die Minne,
So töricht ist ein Mann!

Collection: 
1908

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