Am Felsenkirchlein

 
Es ist auf dem zackigen Wendelstein
Ein stilles Kirchlein gelegen;
Dort lag ich schweigend im Sonnenschein
Und sah dem Himmel entgegen.

Rings lag die blühende Gotteswelt,
Hochwald und duftige Wiesen,
Die blauen Wasser, das grüne Feld
Und drüber die Felsenriesen.

Kein Odem regt sich, der Bergfink nur
Fliegt auf mit schmetterndem Liede
Und über Felsen und Flut und Flur
Schwebt seliger Sonntagsfriede.

Es keimen aus dem Gestein herauf
Bergblumen, die stillen, schwanken;
Da blühten auch mir im Herzen auf
Des Lebens stille Gedanken.

Kein Lichtglanz floß von dem kleinen Altar,
Kein Heilswort klang mir entgegen;
Ich lag in der Sonnen – aber mir war,
Als gäb' mir Gott selber den Segen!

Collection: 
1908

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