Lieder im Volkston

   
Wiederkehr
Nun vergeht ja alles Leid
Und mein Herze hör' ich klopfen;
Ach, vor lauter Seligkeit
Steht mein Aug' in hellen Tropfen!

Wiederkehr', nun bist du nah';
Doch so froh und so beklommen
Ist von allen keiner da,
Wieviel ihrer wiederkommen!

Duftig weht der Heimat Hauch,
Sommer blüht auf allen Wegen;
Schatzkind – gelt, du freust dich auch,
Wieder Hand in Hand zu legen!?

Steck' ein Röslein vor die Brust,
Gib mir das als ganze Gabe!
Mein Gott – hätt' ich's einst gewußt,
Daß ich einst so lieb dich habe!

Liebesahnung
Sprach eine Maid voll Bangigkeit
Und mit so holdem Flehen:
"Halt' ein, mein Knab', nur kurze Zeit
Kann ich noch widerstehen;
Dann wird dein Leid mein eigen Leid!" -
Und also ist's geschehen!

Sprach da der Knab' mit heißem Blick:
"Hör' doch den Maiwind wehen,
Der weht waldein und nicht zurück,
Laß du dein Herz nur gehen!
Dann wird mein Glück mein eigen Glück!" -
Und also ist's geschehen!

O wehr' es nicht!
Du bist so jung, du bist so weiß
O, wehr' es nicht, daß ich so heiß
An deiner Schönheit hange!
Das ist die Maienlieb', mein Kind,
Es spielt ja auch der Maienwind
So gern um deine Wange!

O, wehr' es nicht, o, wehr' es nicht!
Schau' mit den Augen voll ins Licht
Und laß uns selig werden!
Wie ist so süß der Sonnenschein! -
Wie wird es einst so finster sein
Da drunten in der Erden!

Getrost!
Es ist die Welt so fern von Treuen,
Daß treue Minne sie erbost!
Laß du, mein Lieb', dich das nicht reuen,
Sei du getrost!

Ich führ' dich durch den Sonnenschimmer,
Ich führ' dich, wenn der Sturmwind tost;
Ich lieb' dich überall und immer -
Sei du getrost!

Rote Beeren
Ich sprach zum Strauch am Ufer klar:
Gib mir von deinen roten Beeren,
Die steckt mein brauner Schatz ins Haar,
Daß sie ihr Lust und Schönheit mehren!

"Nimm sie nur mit! doch weißt du auch,
Wie bitter Lust und Schönheit brennen?
In roten Beeren steht der Strauch,
Im roten Blut wirst du's erkennen!"

Am Waldbach
Am Waldbach sitz' ich in der Sonnen
Mir ist mein ganzes Glück zerronnen!

Es fließt so leicht der Bach vorbei,
So leicht zerfließt die Lieb', die Treu'?!

Es rauscht um mich der Morgenwind,
Die Jugend auch verrauscht, verrinnt.

Es rieselt gelbes Laub vom Baum;
Wird alles welk, ist alles Traum?

Ich sitz' am Waldbach in der Sonnen,
Mir ist mein ganzes Glück zerronnen!

Frau Sonne
Frau Sonne hell, Frau Sonne hoch,
Du schaust auf mich hernieder;
Kennst du den alten Wand'rer noch?
Du kennst ihn nimmer wieder!

Frau Sonne hell, Frau Sonne gut,
Kannst du auch Wunden heilen?
Mir bricht das Herz, mir brennt das Blut,
Frau Sonne, tu' dich eilen!

Frau Sonne zog so still durchs Tal
Und gab mir schlimme Kunde:
"Es dringt so tief kein Sonnenstrahl,
So tief wie deine Wunde!"

Nach Jahren
Wo ist die braune, süße Maid,
Von der ich einst gesungen?
Wo ist die gold'ne Jugendzeit? -
Verträumt, verwelkt, verklungen!

Wo ist das Heil, das ich erstrebt,
Das Glück, das ich umfangen?
Und jene, die's mit mir erlebt?
Zerstreut, zerstört, zergangen!

Die Sterne geh'n am Himmelszelt,
Den Nachwind hör' ich wehen!
Das ist der alte Weg der Welt:
Vertun, verblüh'n, vergehen! (S. 342.346)

Collection: 
1908

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