Lieder der Liebe

1.
Mit Zweifel lohnst du meinem Herzen?
Das sich auf ewig dir ergab;
Des Lebens Frucht an Lust und Schmerzen,
Die Liebe, nehm' ich mit in's Grab.

Des Jünglings leichtem Flattersinne
Ist Liebe noch ein leichter Scherz;
Der Mann nur schliesst die treue Minne
Mit fester Dauer in sein Herz.

Was du, Geliebte, mir gegeben,
Dies zarte, innige Gefühl
Tönt durch mein ganzes Erdenleben
Wie ein harmonisch Saitenspiel.

So hat der Gott der Liebe Flügel
Zum Schwunge hin zu jener Welt,
Die der Vollendung hohes Siegel
Durch treue Liebe nur erhält.

O, gieb sie mir zum heil'gen Bunde
Die so geliebte theure Hand,
Und knüpfe an die flücht'ge Stunde
Der Seelen ewig festes Band.

Des Lebens Gaukelbilder fliehen,
Doch Liebe hält den Augenblick,
Ihn, bess'ren Welten nachzuziehen,
Für die Unsterblichkeit zurück.

Nimm uns'rer Seligkeit die Blüthe,
O! nimm ihr das Vertrauen nicht.
Mein Herz, das heiss, voll Liebe glühte,
O! glaube, dass es liebend bricht.

2.
Seh' ich dich im Tanz den Kreis durchschweben,
Und ich darf mich liebend dir nicht nahn,
Dich nicht grüssen, mein geliebtes Leben,
Dich mit heisser Sehnsucht nicht umpfahn?

Dich nicht mein vor allen Leuten nennen,
Und bewegt in Saitenklang und Lust
Laut der Liebe hohes Glück bekennen,
Wie es bebet tief in meiner Brust?

O! dann winden sich der Hölle Schmerzen
Bis zu meinem Himmel hoch hinan,
Und Verzweiflung droht dem armen Herzen,
Das die Qual, wie eine Fluth, umrann.

Und ich glaube all mein Glück entschwunden,
Dass du ewig mir entrissen bist,
Und von meiner Seele losgewunden,
Du, Geliebte! deinen Freund vergisst.

Lieber lass getrennt von dir mich weilen,
Was ich fühle, weiss mein stiller Heerd;
Darf ich nicht mein Leben mit dir theilen,
Sprich, Geliebte! hat es da wohl Werth?

3.
Du liebst mich! ja! und mit Entzücken
Spricht es der Klang der Saiten aus,
In's Leben kann ich freudig blicken
Und in die Hoffnung weit hinaus.
Mir trägt die Welt, mir tragen Sterne,
Das Bild der Liebe nah und ferne.

Des Menschen höchste Lust und Würde
Geht liebend aus dem Herzen auf,
Und frey von jeder Lebensbürde
Beginnt der Göttersohn den Lauf;
In seiner Brust der Sonne Gluthen
Muss auch ihr Licht ihn hell umfluthen.

Und wollte aus den Äthergleisen
Ihn niederziehn der Sinne Wahn,
Zu reiner Liebe heil'gen Kreisen
Kann Ungeweihtes nimmer nah'n.
Sie winkt und finstre Larven weichen,
Den Himmel muss sie frey erreichen.

Ja liebend, Seel in Seel ergossen,
Und Herz an Herz, und Hand in Hand,
Der Flamme selige Genossen,
Die in der eig'nen Brust entbrannt,
Gehn Liebende durch kalte Zeiten
Getrost die Bahn der Ewigkeiten.

Geliebte! in der Saiten Beben
Ertönt mein Dank, ertönt mein Glück;
Doch mehr noch hallt mein ganzes Leben
Dies heilige Gefühl zurück.
Hast du, von meinem Arm umwunden,
Dies Leben auch so schön gefunden?

Aus: Gedichte von Ulrich Freyherrn von Schlippenbach
Mitau 1812 Gedruckt bey J. F. Steffenhagen und Sohn

Collection: 
1812

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