I.
Hinab zum Meer, wo Wälder von Oliven
Wehmütig schatteten, sind wir gegangen —
Ich weiß es noch: du hieltest mich umfangen.
Und viel Narzissen blühten in den Tiefen ...
So lieb-ergriffen warst du; manchmal liefen
Dir Schauer über die erblaßten Wangen ...
Du sprachst: "Hat nicht die Welt erst angefangen?
Mein Lieb, wie wir bis heut doch lichtlos schliefen!
Nun aber ward es überschwenglich Tag" ...
Und als dein Haupt an meiner Wange lag.
Da wars, als ob die Jugendtrunkenheit,
Die Sehnsucht und die letzten Wünsche starben —
Die Stunde leuchtete wie Ewigkeit,
Und — auf dem Meer lag ein Triumph von Farben ...
II.
Und dann!? wie schäumten unsres Jubels Schalen!
Wie hoch entbrannte jede Lenzesnacht!
Weißt du, wie wir, von Myrten überdacht,
Im Garten ruhten unter Sternenstrahlen?
Und wie du mir zu endlos süßen Malen
Dein Blut, dein Herz, dein Leben dargebracht?
Wie wir im Ungestüm der Lust gelacht.
Und sich dann Tränen in die Wonne stahlen?
Und dennoch, dennoch kam ein jähes Ende —
Ein Lebenssturm hat dich an einer Wende
Des Wegs ergriffen und weitab getrieben,
Und du fandst nie zurück zu meinem Munde ...
Und, von der — Ewigkeit — ist nichts geblieben
Als aller Liebe Los: die tiefe Wunde ...
aus: Alberta von Puttkamer – Jenseit des Lärms. Dichtungen
Schuster & Loeffler, Berlin und Leipzig, 1904