Legende
In stiller Kammer betet Katharina -
Ihr Auge flammt in heißer Liebesglut;
Von Himmelssehnsucht ist ihr Herz entzündet,
Wie das entzückte Seraphslächeln kündet,
Das hold auf ihren bleichen Lippen ruht.
Sie betet; da ertönt es: "Katharina!" -
Der Heiland steht vor seiner reinen Braut.
Zwei Kronen zeigt Er ihr; mit Edelsteinen
Muß Gold in einer zauberisch sich einen;
Kein fürstlich Weib hat solche Pracht erschaut.
Geblendet fühlt ihr Auge Katharina;
Da blickt sie auf die zweite Krone hin,
Die aus den schärfsten Dornen ist geflochten,
Daß wohl vor solchem Anblick zittern mochten
Des Menschen weiches Herz und schwacher Sinn!
Der Herr fragt: "Welche wählst Du, Katharina?"
"Dir ähnlich, Herr, verlanget mich zu sein!"
Schnell folgt die Hand den wonnetrunknen Blicken;
Ins zarte Haupt der kühnen Jungfrau drücken
Der Schmerzenkrone Dornen tief sich ein!
Und heldenmütig lächelt Katharina,
Indes ihr Blut aus frischen Wunden dringt. -
Ihr ward, was sie sich selber auserlesen:
Sie ist auf Erden Schmerzenskind gewesen,
Die droben nun das ew'ge Brautlied singt! -