An Ida

Wo nehm' ich, dir zu danken,
Die kühne Sprache her?
Im Ungestüm der Wonne
Find' ich mich selbst nicht mehr.
Der Sturm hat ausgewittert,
Der mir von fern gedroht;
Am heitern Himmel fluthet
Der Liebe Morgenroth.

Der schönste meiner Wünsche
War Sehnsucht nach dem Grab,
Bevor zu Lieb' und Treue
Dein Herz sich mir ergab.
Ach, jede Freud' auf Erden
Trug meiner Wehmuth Flor.
Nun hebt sich aus dem Staube
Mein mattes Haupt empor.

Dein Blick, der unter Thränen
Verhalt'ner Liebe brach,
Macht' alle Lustgefühle
In meinem Herzen wach.
Ich drückt' auf deine Lippen
Den ersten, langen Kuß,
Und wähnte zu vergehen
In schweigendem Genuß.

Mein Dank, in Lust verlohren,
Fand nicht ein leises Wort,
So heftig rieß die Wonne
Mit stolzer Kraft mich fort.
Wann Herz und Seele reden,
Verstummt der trunkne Mund;
Das Feldgeschrey der Liebe
Wird nur durch Seufzer kund.

Ich ruhte, wie versunken
In eines Sehers Traum,
Dann schwebt' ich, wie entkörpert,
Hoch über Zeit und Raum.
Unendlichkeit umstrahlte
Im lichten Aether mich.
Mein Wesen war zerstoßen
In Ein Gefühl für dich.

Das war kein Spiel der Sinne,
Kein Bild der Phantasie,
Das mächtig uns bezaubert
Mit täuschender Magie.
Ich fühle mich ins Leben,
Wie Helden zu der Schlacht,
Ins stürmevolle Leben
Mit neuem Muth erwacht.

Aus: Gedichte von Christian Ludwig Neuffer
Stuttgart bei J. F. Steinkopf 1805

Collection: 
1829

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