In dem Nachen saßen wir und schwammen
Weit hinaus auf's purpurblaue Meer
Und die Wolken, rosenfarb'ne Flammen,
Flatterten am Himmel drüber her.
Unser Herz in süßen Liedern träumte,
Unsre Lippe schwelgte hoch im Kuß
Und aus uns'ren Bechern sprüht' und schäumte
Dionysos' gold'ner Ueberfluß.
Aber allgemach versinkt im Westen
Farbenglut und Sonnenstrahlenpracht
Und aus schwarzen, wolkigen Palästen
Weht hervor die regnerische Nacht.
Und nun seufzet ihr auf in bitt'rer Klage
Sehnsuchtsvoll nach dem getrübten Glück
Und begierig fordert ihr die Tage
Der vergang'nen Freuden euch zurück?
Heget Scham ob eurer Sehnsucht Schmerzen,
Ihr, die einmal doch ein Glück umfing,
Das an tausend durst'gen Menschenherzen
Hast'gen Schrittes karg vorüberging.
aus: Deutsche Lyriker seit 1850
Mit einer litterar-historischen Einleitung
und biographisch-kritischen Notizen
Herausgegeben von Dr. Emil Kneschke
Siebente Auflage Leipzig 1887