Er ist verliebet/ an eben Selbige

XX.

Höre/ was ich seufftzend singe/
Rosilis/ in meiner Noth.
Ach/ daß es dein Hertz bezwinge!
Ach/ daß meiner Leffzen Tod [Leffzen=Lippen]
diesen Rosen-Mund befreite/
und der schnelle Stralen-Blitz
sich auf deinen Diener breite!
der an dieser Pforten Sitz
sich betrübet/
weil Er in dich ist verliebet.

In den warmen Sommer-Zeiten
sucht ein Hirsch den frischen Wald/
und/ wenn Brunst und Feuer streiten/
Jedes seinen Auffenthalt:
Warumb soll denn ich nicht fliehen
unter deinen Rosenstrauch?
der bey seinem Purpur-blühen/
nicht nach alten Liebes-Brauch/
mich betrübet/
weil ich mich in ihn verliebet.

Wilstu denn allein ümbschatten
deiner stoltzen Augen Schein?
Dencke doch was dürre Matten
bey dem Glantz der Sonne seyn.
Kan auch wohl die Rose grünen/
wenn des Hundes Feuer rennt?
wie soll doch zu etwas dienen/
den du plötzlich angebrennt?
der betrübet
täglich sich in dich verliebet.

Möcht mir eine That freystehen
in dem Zirck der weiten Welt/
wolt ich aus spatzieren gehen
auf dein schönes Wangen-Feld/
und/ den Schnecken gleich/ abmeyen
deiner Rosen starcke Macht/
daß mein ausgeprestes Schreyen
glücklich würde hingebracht.
Weil betrübet
ich mich hab in dich verliebet.

Wie wenn in der Morgen-Stunde
Honig-Thau das Feld benetzt:
Also kömmt von deinem Munde
das/ was einzig mich ergetzt.
Gib nur her/ es zu geniessen/
es vertreibet meinen Schmertz.
Das gehäuffte Thränen giessen
fleucht von solchem hinterwerts/
weil betrübet
ich in dich muß seyn verliebet.

Ich bekenn es / deine Wangen/
deine Zucht/ dein gehn/ und stehn/
deines grünen Preises Prangen/
deiner Tugend Huld-Gethön/
die verliebten Augen-Sterne/
die im Schlaff auch bey mir seyn/
Schaffen mir bey nah und ferne/
unerhörte Liebes-Pein.
Ach! betrübet
hab ich mich in dich verliebet!

Mehr kan ich ietzund nicht sagen/
als daß ich verliebet bin.
Mich mit Liebes-Sorgen plagen
reist mir meine Seele hin.
Drümb/ O Rosilis/ mein Leben/
nim die Treue von mir an.
Jugend/ da wir innen schweben/
es am besten tauren kan.
Denn betrübet
hab ich mich in dich verliebet.

Ob mich Liebe gleich betrübet/
bin ich dennoch des gewiß/
daß sich auch in mich verliebet
meine schöne Rosilis.
Darfür soll ihr süsser Name
hier im Hertzen voller Pein/
die von ihrer Schönheit kame/
ewig eingeschlossen seyn/
weil betrübet
wir nun gäntzlich seyn verliebet.

Collection: 
1657

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