Stets, o Hilmar, fließen meine Thränen,
Um die schnell entschwund'ne Rosenzeit.
Ach, mein Herz, es kann sich nicht gewöhnen
An die stille, leere Einsamkeit.
Du, nur du bist ewig mein Gedanke,
Dich nur seh' ich wachend und im Traum,
Dich umfaß' ich, wie den Stab die Ranke,
Ohne dich empfind' und leb' ich kaum.
O, vermöcht' ich's, stündlich dir zu sagen,
Wie du Alles deiner Emma bist!
Könnten's diese Winde zu dir tragen,
Dieser West, der mir die Lippen küßt!
Könnten alle Blätter dir es rauschen,
Jedes Bächleins Well' auf deiner Flur,
Könntest du es fühlen und erlauschen
In den Stimmen allen der Natur.
Meiner Freude Stunden sind vorüber,
Nur am Schatten weidet sich mein Herz,
Meiner Hoffnung Sterne werden trüber,
Furcht verbittert noch der Trennung Schmerz.
Keinen Brautkranz hab' ich mir erworben,
Kein Altar noch heiligt unsern Schwur,
Oed' ist mir die Welt und ausgestorben,
Und verweht ist jedes Frohsinns Spur.
Kehre bald, Geliebter, denn es ziehen
Wetterwolken auf in schwüler Luft!
Komm, bevor die Myrten uns verblühen,
Komm, und schütze, deine Emma ruft!
Neid und Haß ist gegen uns verschworen,
Deine Feinde stehen wider dich.
Komm, zur Hülf' und Rettung mir erkoren,
Hilmar komm, entreiß dem Grabe mich!
Aus: Gedichte von Neuffer
Zweites Bändchen Cabinets-Ausgabe
Hildburghausen u. New York
Druck und Verlag vom Bibliographischen Institut 1829