Auch du entfliehst? So welkt die letzte Blüthe
Aus meines Frühlings bald verblichnem Kranz!
Der letzte Strahl des Morgenlichts verglühte,
Verschwunden ist sein himmelreiner Glanz.
Wohl ahndet' ich's mit zagendem Gemüthe;
Ich sah's vorher, und glaubt' es noch nicht ganz.
Jetzt muss ich's laut und lauter mir verkünden:
Mit dir wird auch mein letztes Glück entschwinden!
Ich bin gewöhnt an herber Trennung Leiden,
An manchen Schmerz ist meine Brust gewöhnt.
Ich sah sie einen nach dem andern scheiden,
Die holden Träume, die den Lenz verschönt;
Und konnte doch den süssen Wahn nicht meiden,
Und glaubte doch noch meinen Wunsch gekrönt.
Denn als die letzte Hoffnung schien verloren,
Da fand ich dich - und war wie neu geboren.
Da strahlte mir aus deinen holden Zügen
Wie eines neuen Morgens Anbeginn.
O, rief ich aus, wenn diese Blicke lügen,
Natur, so wardst du selbst zur Lügnerinn!
Wie liess ich mich so gern von dir besiegen,
Wie gab ich mich so ganz, so warm dir hin!
O thöricht Herz, verbirg was du empfunden;
Du gabst zu leicht, zu rasch dich überwunden!
Ja, was ich hatte, hab' ich dir gegeben;
Und o wie wenig gabst du mir zurück!
Dich zu gewinnen, war mein einzig Streben,
All' meine Wonne hing an deinem Blick.
Zur Herrinn macht' ich dich von meinem Leben,
In deine Hände legt' ich mein Geschick.
Mein eignes Seyn und Wollen war vernichtet,
In deine Brust mein ganzes Selbst geflüchtet.
Erst da ich nichts mehr hatte zu verlieren,
Ward ich's gewahr mit gränzenlosem Schmerz.
Ich glaubt' in dir ein menschlich Herz zu spüren,
Und deine Brust umgab ein dreifach Erz.
Zwar endlich schien mein Flehen dich zu rühren,
Du gabst aus Mitleid mir - ein halbes Herz.
Doch o wie karg vergalten diese Triebe
Des vollen Herzens ungetheilte Liebe!
O könnt' ich sagen nur von Einer Stunde,
Da war sie ganz und ohne Rückhalt mein,
Da schaut' ich in ihr Innres bis zum Grunde,
Da war's ihr Ernst, sich herzlich mir zu weihn!
Umsonst! So lange nährt' ich meine Wunde,
Und du verschmähtest, hülfreich mir zu seyn.
Denn selbst das Beste, was ich von dir habe,
War Göttergunst, nicht deine freie Gabe.
Wie die Natur in unbewusster Schöne
Den Blick erfreut, des Menschen Sinn belebt;
Wie Philomel' in willenlose Töne
Für unser Herz die süsse Wonne webt;
Und wie ein leblos Bild der Erdensöhne
Lebend'gen Geist erweitert und erhebt:
So hast auch du, hast ohne Wunsch und Wissen
Zum Theil ersetzt, was mir dein Will' entrissen.
Ein holder Genius standst du mir zur Seite
Und hemmtest meiner Stunden raschen Flug.
In deinem Lächeln, deinem Blick erneute
Mein Frühling sich mit lieblichem Betrug.
Ich sah nur dich, nicht in des Lebens Weite,
Sah nicht, wohin der Tage Lauf mich trug,
Und warf hinweg des Mittags bange Sorgen;
Mir strahlt aus deinem Blick ein ew'ger Morgen.
So viel verdankt' ich absichtsloser Milde,
Empfing so viel, dir selber unbewusst!
Mein Auge hing entzückt an deinem Bilde,
Und Himmelsahnung schwellte meine Brust.
O Seligkeit elysischer Gefilde,
O süsser Taumel unerschöpfter Lust,
Wenn diesen Reiz, der von den Göttern stammte,
Ein Funken nur von Mitgefühl durchflammte!
Allein du gehst, und wendest selbst im Scheiden
Nur halb und kalt den letzten Blick zu mir.
Du eilst hinweg zu tausend neuen Freuden,
Und einsam und verlassen bleib' ich hier.
Vergessen wirst du meine Lieb' und Leiden,
Und ach! mein tiefstes Sehnen folget dir.
Denn feste Treu, verschmäht auch und verlassen,
Vergessen kann sie nie und nimmer hassen.
Geliebte, nein! Bei allem, was mir theuer:
Mein Herz, wie sehr es bluten mag, vergiebt.
Nie wird's erlöschen dieses reine Feuer,
Eh nicht in Asche meine Brust zerstiebt.
Erkennen wirst du einst, dass wärmer, treuer
Dich nie ein Herz, als dieses Herz, geliebt,
Und dann vielleicht - zu spät für meine Thränen -
Vergebens dich nach dem Entschwundnen sehnen.