Mai 1879
Wenn leicht, wie auf beschwingtem Fuß,
Der Mai durch Flur und Auen zieht,
Dann scheint's, er weckt mit seinem Gruß
Allüberall so Ton wie Lied.
Der Lerche lauter Jubelschall,
Der Nachtigall süß fleh'nder Klang,
Aus Baum und Strauch lockt Wiederhall,
Und selbst der Bach, er hat Gesang.
Ja Farbenpracht und Sonnengluth,
Die sind des Sommers stolzer Ruhm;
Doch heller, froher Liebesmuth
Der ist, o Mai, dein Eigenthum.
Und wenn des Lebens Maitag blüht,
Dann jubelt auch der Mensch so laut;
Doch wonn'ger noch ersteht das Lied -
Du weißt jetzt wann - du süße Braut!
Wenn leicht, wie auf beschwingtem Fuß,
Die Liebe zog in's Herz hinein,
Und wenn bei ihrem leisen Gruß,
Es steht im schönstem Maienschein,
Mit Perlen, Thau und Sonnenschein,
Wie ihn kein Lenz der Erde bringt,
Indeß es in der Seele dein
Als wie in tausend Liedern singt:
Bald jauchzend hell wie Lerchenlied,
Bald süß wie Nachtigallenklang,
Von Herz zu Herz ein Echo zieht
Und weckt stets neuen sel'gen Klang.
O Zeit der Lieder, Herzensmai,
Wo uns das Leben dünkt Gedicht!
Im Liede dir darum ich weih'
Den Gruß, den dir mein Herze spricht.
O möge Gott die Maienzeit
Dir segnen, daß ihr holder Schein
Für's Leben dir die Seele feit
Mit ihrem Glücke innig rein!
O mög' der süße Liedesschall,
Der jetzt so wonnig es durchdringt,
Ein Lied sein, dessen Wiederhall
Dir bis zum End' des Lebens klingt!