Ein Liebesbekenntnis

Wenn Du mir fehlst, fehlt mir ein ganzes Leben:
doch bist Du bei mir, mach ich Dir Verdruß.
Wie sollst Du das Versäumte mir vergeben,
ist alles immer nur ein Abschiedskuß?

Wie sollst Du meiner treuen Liebe trauen,
wenn sie sich nur im Trennungsschmerze zeigt?
Daß meine Augen traurig nach Dir schauen,
was nutzt es, wenn mein Mund auch dann noch schweigt?

Wie hilflos und vereinsamt ich mich fühle,
läßt Du mich wieder einmal hier allein!
Bekümmert streich ich durch die Abendkühle
und wünsche nur, Dir wieder nah zu sein.

Wie sehr ich jedes Pärchen dann beneide,
das heimwärts hastet, Arm in Arm, beschwingt,
hernach zuhaus bei dem Gelächter leide,
das aus der Wohnung nebenan erklingt!

Doch wärst Du hier, säß ich bei einem Buche
für Dich verschlossen, streng und abgekehrt,
Dein Antlitz, das ich nun verzweifelt suche,
hätte umsonst ein gutes Wort begehrt.

So mußt Du immer wieder mir vergeben,
bleib ich Dein Schuldner bis zum bittren Schluß.
Ich bin Dein Kind, Du schenktest mir das Leben
und sollst mich segnen, wenn ich sterben muß.
(Band 2 S. 381)
_____

Collection: 
1986

More from Poet

  • Oft ist es mir, als zöge deine Hand
    Mich plötzlich bettelschüchtern am Gewand.

    Ich aber muß verstockt so weiter schreiten
    Und meine Augen über Pöbel breiten.

    Ich bin in Stuben, die voll Qual und Qualm -
    Und draußen blüht dein...

  • Ich folge deinen Füßen bis
    In jede Furcht und Finsternis!

    Deine Hände machen mich weinen,
    Sie sind die jungen Schwestern der meinen.
    Sie leuchten über meinem Pfade
    Als Sterne einer großen Gnade.
    Sie könnten mir...

  • Ich aber bin der Kleinsten Einer
    Und der Geringste unter ihnen,
    Und bin nicht wert, dir scheu zu dienen,
    Denn so verscheucht, als ich, ist keiner,
    Und jeder hat in seinen Mienen
    Doch noch ein: Keuscher Ich und Reiner!

    ...
  • "Unglücklich kannst du mich nicht mehr
    und nicht mehr glücklich machen!"
    Dein strenger Ausspruch schmerzt mich sehr
    und läßt mich nachts erwachen.
    Dann denke ich dem allen nach,
    was dich verbittern sollte,
    was Arges...

  • O könnt' ich dir den Gram ersparen,
    von jedem Kummer dich befrein,
    in allen Nöten und Gefahren
    dir Tröster und Beschützer sein,
    dein Herz mit frischem Mut beleben,
    und dir ein sichres Obdach baun,
    was dein einst war,...