Wenn ich voll Gram um Mitternacht
Noch wach' in meinem Kämmerlein,
Dann öffnet sich die Thüre sacht,
Die todte Liebe tritt herein.
Sie schlägt zurück den weißen Flor,
Der ihr verhüllt das Angesicht,
Wie wenn aus dem Gewölk hervor
Sich schimmernd drängt des Mondes Licht.
Das Auge glänzt, die Wange blüht,
Zur Schulter wallt das Lockenhaar,
Der Busen wallt, die Lippe glüht,
Wie damals, als ich glücklich war.
Sie reicht mir ihre weiße Hand,
Sie lächelt hold, sie flüstert leis,
Und ach! wie einst, bin ich gebannt
In ihren süßen Zauberkreis.
Ich schließe sie in meinen Arm
Und küsse sie in trunkner Lust;
Ich hab' vergessen meinen Harm
Und schlummre ein an ihrer Brust.
Doch lange dauert nicht die Ruh;
Ich höre einen bangen Schrei,
Und seufzend flüstert sie mir zu:
Es ist vorbei! Es ist vorbei!
Des Blutes warmer Strom entquillt,
Und es erlischt der Wange Gluth;
Ein blasses kaltes Marmorbild
Verstummt an meinem Herzen ruht.