Die Luft ist still, und die Nacht ist hell
Von blitzendem Mondenlichte.
Da steigen die alten Zeiten herauf
Und kosende Traumgesichte.
Wie vom Waldgebirg ein Wehen rauscht
In den Wipfeln hin und wieder,
So rauschen empor aus der Zeitenflut
Verklungene alte Lieder.
Es ragen Marmorgestalten still
An rauschenden Gartenbrunnen.
Sie denken zurück an das goldene Rom
Und an stürmende Gothen und Hunnen.
Sie beten zu Göttern, die längst entflohn,
Und haben doch keine Thränen -
Sie waren wohl selber Götter einst
Und kannten Lieben und Sehnen.
Mir tönt ein altes, ein theures Lied
Aus deutscher Liebessage,
Das mahnte Manchen an Treu' und Tod
Und verschwundene Jugendtage:
Ich hab' dich geliebet, ich lieb' dich noch heut,
Dich Eine in Lust und Wehen;
Dich werd' ich lieben in Ewigkeit,
Gäb's auch kein Wiedersehen!
Aus: Junge Myrthen (1859)