Vielleicht ist alles gar nicht wahr,
und daß ich in die Fremde fahr',
früh kaum ein Traum noch blieb,
aus dem dich meine Stimme rief,
du liest im Bett von meinem Brief
nur dies: "Ich hab' dich lieb!"
Ich hab' dich lieb und bin bei dir,
obwohl in fremder Stube hier
ich einsam schlaflos lag,
ich dachte dein, da ward mir warm,
da hielt ich dich in meinem Arm,
und froh begann mein Tag.
Mein Tag war bald schon wieder kalt,
und ich stand abgetakelt, alt,
auf fremdem Platz allein.
Du gehst, von meinem Wort umwärmt,
in deinen Blicken lächelnd schwärmt
das Glück: "Er dachte mein!"
Wie einer, den man morgen hängt,
inbrünstig an das Liebste denkt,
so schmerzhaft denk' ich dein.
Ob ich zu dir noch einmal fahr',
ob ich schon morgen Schatten war
und ließ dich auch allein?
Und dir blieb nichts mehr als ein Brief,
aus dem noch meine Stimme rief,
noch rief: "Ich hab' dich lieb!"
Der Schatten einen Schatten traf,
du weinst dich einsam in den Schlaf,
aus dem kein Traum dir blieb.
(Band 2 S. 58-59)
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