Den Schminktopf weg!

„Den Schminknapf weg! mit Rosen und Narzissen
Bestreut das Lager mir – es dufte schwül,
Wenn er, von meinem Arm hinabgerissen,
Begehrend lechzt auf heißem Purpurpfühl!
Laßt Weihrauchduft im Schlafgemache steigen,
Im Peristyle sprengt Falerner aus
Und dann – ihr wißt es: athemloses Schweigen –
Kein Laut – bei meinem Zorn! im ganzen Haus!“

Sie ruft’s, mit stolzen, königlichen Schritten
Hinwandelnd durch das dämmernde Gemach;
Leis’ knirscht der Marmor unter ihren Tritten
Und knisternd rauscht des Kleides Saum ihr nach....
„O Herrin – es geschah, wie du befohlen!“
Mit scheuer Lippe haucht’s ihr Lieblingssklav’
Und schleicht dann tief gebückt, auf leisen Sohlen
Hinaus – gehorsam, lautlos wie der Schlaf.
Sie nickt und wandelt rascher auf und nieder:
Ihr Busen wogt, das zarte Antlitz flammt –
Wie kosig schmiegt sich an die weichen Glieder
Des Hemdes Byssus und der Stola Sammt!
Nun hält sie ein – mit silbernem Geflimmer
Wirft eines Spiegels blank-polirtes Rund
Ihr Bild zurück: der Augen blauen Schimmer,
Die marmorglatte Stirn, den süßen Mund,
Den lichten Goldglanz ihrer blonden Flechten –
Einst trug sie ein germanisch Fürstenkind,
Nun streicht sie mit der lilienblassen Rechten
Die Römerin; sie denkt’s und lächelt: spinnt

Der Zufall doch gleich wirr an den Geschicken
Der Menschen, launisch oder gnadenvoll –
Und wieder flammt es auf in ihren Blicken –
Die Schöne weiß warum und lacht wie toll
Dem eig’nen Bild zu....

Ja, heut’ wird er kommen,
Er, dessen Nam’ sonst wie Entsetzen lähmt,
Der Bluthund, der Tyrann, der lustentglommen
Zu ihren Füßen liegt, von ihr gezähmt –
Rom’s Dämon, Nero! Ha, nur noch Minuten,
Und sie umfängt mit ihrem Sieg ihr Glück,
Ergötzt sich straflos an des Wüth’richs Gluthen –
Mit keinem Nerv bebt sie vor ihm zurück!

„Ja ich, Poppäa bin’s, die ihn bezwungen!“
Und wieder lacht sie auf – „ich hab ihm dreist
Um’s Löwenhaupt den seidnen Strick geschlungen,
Ich tändle mit der Pranke, die zerreißt
Und hinwürgt, keck und ohne Todesgrauen,
Zum Spielzeug ward er mir, der Wütherich,
Ich hab’s gewagt ihm stolz in’s Aug zu schauen –
Rom’s letzter, einz’ger Held – drum liebt er mich!“

Sie ruft’s und steht in des Gemaches Mitte
Hochaufgerichtet, Siegerin und Weib
Zugleich – da nahen leichte Pantherschritte –
Ein süßer Schauer rinnt durch ihren Leib....

Collection: 
1892

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Zwei große Menschen schritten diese Pfade
Und oft steh'n Beide jäh mir vor dem Sinn:
Tasso, der Dichterfürst von Gottes Gnade,
Und Friedrich  Nietzsche .......

Leicht neigst du das Haupt und auf ernster Stirne
Thront gebietend dir der Vollendung Höchstes:
Edle Menschenanmuth mit Götterwürde
Machtvoll sich einend!

Seiendes verschmilzt so in deinem Wesen
Mit dem Götterdrang, der von Ewigkeit her
Mystisch sich...

Wie feuerflüssig Sonnenlicht
Fühl ich’s durch’s Herz mir rinnen –
Ich forsche nicht, ich klage nicht,
Will träumen nur und sinnen!

Wie diese Zauberfäden mir
Des Willens Kraft umspinnen,
So eng, so kosig und so wirr –
Da giebt es kein Entrinen...

Wack’rer Mann! Schon früh am Morgen
Öffnet er die Ladenthür,
Räumt, als trüg’ er schwere Sorgen,
Keuchend sein Geräth herfür:
Erst den Dreifuß, dann die Zange,
Ahle, Schusterkneip und Zirn,
Oft auch steht und sinnt er lange,
Oder reibt sich...

Vor uns her
Trottet der Führer: schwatzend
Und wiederkauend, ein kläglich-drolliger Staarmatz,
Den Noth und Hunger Weisheit gelehrt!
Ich aber –
Ich lausch’ ihm nicht: was sollen mir Namen, wo
Das Schicksal riesengroß sich eingezeichnet,
Und...