Das Ende

Nun glaube nicht, daß selbst in Jahren
Mein Angedenken Dir verfliegt -
Hat jedes Leid, das Du erfahren,
Ein reiches Glück in Schlaf gewiegt,

Vertrug der Wind die Liebesworte,
Die einst mein Mund für Dich beschwor -
Dann dringt von Deines Hauses Pforte
Ein pochend Mahnen Dir ans Ohr.

Du öffnest. Und Dir naht mit Bangen
Ein Bettlerkind und sieht Dich an.
Du harrst. Dann küßt Du seine Wangen,
Wie Du's mit meinen einst getan.

So ungewohnt ist dem dies Kosen,
Sein Auge sinnt: Wie ward mir dies?
"Du trägst den Blick des Friedelosen,
Den einst mein Wort ins Elend wies" ..

Collection: 
1908

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