Apoll vom Belvedere

Wie ich im Schaffenstaumel dich empfangen,
Wie dich mein Herz ersehnt, mein Geist genoß,
Sieht nun das Aug’ dein Bild in Marmor prangen:
So hehr, so menschlich-schön als göttlich-groß!
Wie Trotz seh’ ich’s um deine Nüstern fliegen,
Noch bebt die Rechte, die den Pfeil entsandt –
Er traf, der goldig-klingende! Zu siegen
Ist dieses Aug’ gewohnt und diese Hand!
Dein Herrscherblick – er flammt selbst aus dem Steine
Hervor und ach! ich kenn’ ihn, diesen Blick,
Seit, Stolzer, ich für immerdar die Deine
Geknüpft an deinen Altar mein Geschick!
So grausam lohte er mir stets entgegen,
Wenn schwach und thöricht sich das Weib vergaß,
Der Priesterin nur floß sein gold’ner Segen,
Die weltentrückt zu deinen Füßen saß!
Hinstarb in deinem Dienst mein letztes Sehnen
Nach nied’rer Erdenlust – und schrie einmal
Dies Herz zu dir, entweiht von ird’schen Thränen –
Wie göttlich lächeltest du seiner Oual!
Nach deinen Siegen zählten meine Freuden,
Was mich bedrückt, ward deiner Pfeile Raub,
Ein Lindwurm-Tödter tratst du meine Leiden
Mit klingenden Kothurnen in den Staub!
O leih’ mir, fern von niedrigem Geschicke
Und Weh’, auch fürder deine sel’ge Ruh’,
Damit dies Aug’ dem Pfeil des Sieg’s nachblicke,
So kühn, so stolz, so göttlich-frei wie du!

Collection: 
1892

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Zwei große Menschen schritten diese Pfade
Und oft steh'n Beide jäh mir vor dem Sinn:
Tasso, der Dichterfürst von Gottes Gnade,
Und Friedrich  Nietzsche .......

Leicht neigst du das Haupt und auf ernster Stirne
Thront gebietend dir der Vollendung Höchstes:
Edle Menschenanmuth mit Götterwürde
Machtvoll sich einend!

Seiendes verschmilzt so in deinem Wesen
Mit dem Götterdrang, der von Ewigkeit her
Mystisch sich...

Wie feuerflüssig Sonnenlicht
Fühl ich’s durch’s Herz mir rinnen –
Ich forsche nicht, ich klage nicht,
Will träumen nur und sinnen!

Wie diese Zauberfäden mir
Des Willens Kraft umspinnen,
So eng, so kosig und so wirr –
Da giebt es kein Entrinen...

Wack’rer Mann! Schon früh am Morgen
Öffnet er die Ladenthür,
Räumt, als trüg’ er schwere Sorgen,
Keuchend sein Geräth herfür:
Erst den Dreifuß, dann die Zange,
Ahle, Schusterkneip und Zirn,
Oft auch steht und sinnt er lange,
Oder reibt sich...

Vor uns her
Trottet der Führer: schwatzend
Und wiederkauend, ein kläglich-drolliger Staarmatz,
Den Noth und Hunger Weisheit gelehrt!
Ich aber –
Ich lausch’ ihm nicht: was sollen mir Namen, wo
Das Schicksal riesengroß sich eingezeichnet,
Und...