Angelika

Von der raschen Lebenswelle,
Die mein Herz durchfloß,
Die in sel'ger Stundenschnelle
Brausend dich umschloß,

Von der Liebe Schönheitsrausche
Taumelnd übermannt,
Hab ich oft im Liebestausche
„Engel“ dich genannt. –

Schweigend Platz an unserm Tische
Längst die Sorge nahm;
Deiner Wangen holde Frische
Tilgt ein früher Gram.

Seh's mit nagender Beschwerde,
Seh's mit stiller Qual,
Wie du jenen Gast am Herde
Nährst mit deinem Mahl;

Und ich seh es doch voll Wonnen,
Die kein Wort beschreibt,
Daß so fest und treugesonnen
Deine Liebe bleibt.

Hielt' ich gern ein Leid verborgen,
Nimmst du's dennoch wahr;
Denn die Sprache stummer Sorgen
Ist dir offenbar.

Was uns einst so fest umschlungen,
Hält uns noch geeint:
Tränen, die ich still bezwungen,
Hast du still geweint. –

Oft umspinnen lichte Träume
Die Gedanken mir,
Durch des Hauses traute Räume
Folgt mein Auge dir:

Eine Hülle seh ich fallen
Wie ein irdisch Kleid,
Einen Schimmer dich umwallen
Wie aus künft'ger Zeit.

Und in solcher Liebesstunde
Ernst verschwieg'nem Glück
Kehrt mir immerdar zum Munde
Jenes Wort zurück,

Jenes Wort, im Rausch gesprochen
Und im Traum der Lust,
Noch im Klange ungebrochen
Klingt's in meiner Brust:

Denn der Liebe sonder Klage
Rührende Gewalt
Wandelt mehr mit jedem Tage
Dich zur Lichtgestalt.

Collection: 
1907

More from Poet

  • (Die Geliebte spricht:)

    Ach, mit gepreßtem Herzen
    War ich aufs Lager gesunken;
    Ich hatte heimlich-verschwiegen
    Den Kelch des Leids getrunken.

    Ich wähnte das Glück verloren;
    In bangen Zweifelstunden...

  • Mit meinem Lieb durchstrich ich deutschen Wald,
    Und froher Rausch aus grünem Licht und Duft,
    Aus Windes-Orgelklang und Bergesluft
    Ergriff die freudeoffenen Herzen bald.
    O Kuß in eines Walds geheimstem Grund!
    Fern oben über...

  • Rings umschattet uns schweigendes Waldesgrün;
    Atmende Dämmrung hebt sich sacht zu den Wipfeln;
    Nur durch die Lichtung glänzt und glitzert
    Des Stromes rinnender Spiegel.
    Da faßt du mich lächelnd bei beiden Händen
    Und fragst mich,...

  • Du sollst mir nicht so scheu bewundernd,
    So staunend in die Augen sehn;
    Nicht soll mein Bild so übermächtig,
    So stolz vor deiner Seele stehn.

    Du sollst nicht wähnen, daß mein Denken
    Sich frei im reinen Lichte wiegt,...

  • Oft wenn am Fenster glüht die Lampe
    Und du mir winkst den Scheidegruß,
    Weilt unten noch im stillen Garten,
    Gebannt durch Zaubermacht, mein Fuß.

    Dann trifft mich noch aus deinen Augen
    Ein Blick so wundersam und tief,...