XV.
Wie ein Fischlein in dem Netz
Hat der Dom mich eingefangen,
Und da bin ich festgebannt -
Warum bin ich hingegangen?
Ach, wie unter Kürbisblüten
Morgenfeucht ein Röslein blitzt:
Zwischen breiten Bürgersfrauen
Dort mein feines Liebchen sitzt!
Die Gemeinde schläft und schnarcht,
Wie das Laub im Walde rauschet,
Und der Bettler an der Tür
Wie ein Räuber auf sie lauschet.
Doch ein freundlich Wiesenbächlein
Murmelnd durch's Gebüsche flieht:
So die lange, dünne Predigt
Schlängelnd um die Pfeiler zieht.
Eichenbäume, alt und schlank,
All' die gotischen Pfeiler ragen,
Hoch ein zierlich Blätterdach
Ihre breiten Äste tragen;
Drunter durch spielt hin und wieder
In den Dämmer der Sonnenschein: -
Wachend sind in dieser Stille
Nur mein Lieb und ich allein.
Zwischen uns spinnt sich ein Netz
Buntgefärbter Sonnenstrahlen,
Die den Taufstein mitten drin
Feenhaft ganz übermalen;
Rosenketten, Liebesgötter
Flattern um den alten Knauf:
Darob wacht in unsren Herzen
Eine heiße Sehnsucht auf.
Weit hinaus, in's Morgenland
Komm', mein Schatz, und laß uns fliehen!
Wo die Palmen schwanken am Meer,
Rosen hoch wie Feuer glühen,
Flutend um die große Sonne
Grundlos tief die Himmel blaun:
Angesichts der freien Wogen
Frei und ewig uns zu traun. (S. 84-85)