Warum nicht ich?

 
 

Nur hie und da noch Lampenschein
In einem Schlafgemach;
Nur hier und da noch schleicht zum Frei'n
Ein Kätzlein über's Dach.
Im West statt rother Abendgluth
Erglänzt ein falber Strich;
Die Nacht ist still und alles ruht.
Warum nicht ich?

Auch Dir, mein Lieb, auf's Augenpaar
Des Traumes Schleier sinkt;
Auf Deines Fensters Scheiben klar
Der Schein des Mondes blinkt.
Der Mondschein und der Sternenschein
Umgaukeln kosend Dich;
Sie sind bei Dir im Kämmerlein.
Warum nicht ich?

Doch dürft' ich schleichen, liebes Kind,
Zu Dir nun ungesehn,
Ich fürchte fast, es wär' geschwind
Um Deine Ruh' gescheh'n!
Und dennoch gern, ach, gar zu gern
Zu Dir ich heute schlich.
Dich küßt der Mond, Dich küßt der Stern,
Warum nicht ich?
 

Collection: 
1880

More from Poet

  •  

    Die Lieb' ist ewig wie das Sonnenlicht,
    Und nur die Blumen sterben, die sie weckt.
    O, liebe, liebe, bis das Auge bricht,
    Bis deinen Leib der grüne Rasen deckt!

    Du stehst allein; da faßt mit einem Mal
    Die Liebe...

  •  
     

    I.

    Die Blume wünsch' ich nie zu werden,
    Die nur für Dich die Düfte hat;
    Ich such' noch mehr auf dieser Erden
    Als stiller Freuden Blumenblatt.
    Ich ruh' nicht an des Ufers Borden;
    Ich...

  •  

    Dich lieb' ich heiß, wie ich auf Erden
    Noch nimmermehr ein Weib geliebt,
    Und nimmer kann mir Frieden werden,
    Wenn nicht Dein Herz mir Frieden giebt.
    Darf ich auf Deine Liebe hoffen?
    Ist mein Dein Herz? O Liebste,...

  •  
     

    I.

    Der weißen Lilie, rein und licht,
    Der möcht' ich, Mädchen, Dich vergleichen!
    Sah'st Du im Geist mit Lilien nicht
    Die Engel in der Sel'gen Reichen?

    Ich wünsche Dir, du bleiches Kind,...

  •  

    Der Nachtwind rauscht im Blüthenbaume
    Und alles ruht in tiefster Ruh'.
    Nun schließt zum Schlaf, zu sanftem Traume
    Mein süßes Lieb die Augen zu.

    Der Mondschein in der nächt'gen Stunde
    Durch ihre kleine Kammer...