Amor das blinde Göttelein/
Hat mich ja wol veriret!
Unlengst in einem Gärtelein/
Saß es und lamentiret
Kund sich so kleglich stellen/
Als hets sein zartes Füsselein/
Getretten in ein Dörnelein/
Daß es davon thet schwellen.
Was gschicht? Ich armer Coridon
Laß mirs zu Hertzen gehen/
Verhoff des kriegen guten Lohn/
Wil nach sein Füßlein sehen/
Als ichs auffhub gar sachte/
Da schnellt das kleine Schälckelein
Ein Pfeil von seinem Bögelein/
Tieff in mein Hertz und lachte.
Ach weh/ sprach ich/ ist das der Lohn/
Für mein bärmlich Mitleiden?
Ach ach mir armen Coridon
Nun kenn ich erst die Kreyden/
Daß es Betrug gewesen/
Drumb Filli zart/
der Wälder zier/
Du kanst noch einig helffen mir/
Sonst werd ich nicht genesen. Aus: Musica boscareccia.
Wald Liederlein Auff Italian-Villanellische Invention
Beydes für sich allein mit lebendiger Stim
oder in ein Clavicimbel etc.
von Johann Hermann Schein
Leipzig 1621
[ohne Seitennumerierung]