Du zürnst dem Bilde von dem Spinnennetze?
Du nennst ihr Werk: grausame Hinterlist,
Das heiteres Vertrauen frech verletze -
Weil es versteckte, kalte Selbstsucht ist? -
Nicht streng zerlegen mit des Forschers Luppe
Mußt du des Dichters spielend' Seelenbild,
Ihm ist das Leben keine todte Puppe;
Ihm ist das All' von Gottes Hauch erfüllt.
Der Dichter sieht in der Natur nur Reines,
Wenn er der Liebsten sie im Spiegel zeigt;
Zu ihm spricht aus der ganzen Welt nur Eines:
Die Schönheit ist's, die sich der Liebe neigt.
Und um dir meines Herzens Wunsch zu schildern
Sucht' ich nicht wählerisch nach Bild und Wort,
Es trug das nächste von den tausend Bildern,
Die mich umgaben, meine Bitte fort.
Und hättest du des Dichters Wort verstanden
Willkommen wär' dann auch die Spinne dir;
Du lächeltest dem seltsamen Gesandten
Und eiltest mit der Liebe Hast zu mir.
Doch seit mein Wort den Zauberton verloren,
Der süß gewaltig sonst dein Herz umstrickt!
Seitdem ist auch der Widerspruch geboren,
Der im Gedicht ein Kunstwerk nur erblickt.
(1852)
aus: Gedichte von Katharina Diez
und Elisabeth Grube, geb. Diez
Stuttgart 1857