Verlockung

Ich sitze fast einsam im warmen Raum.
Die graue Katze hat sich zu mir gesellt.
Irgend jemand – ich sah es kaum –
Hat mir den Wein auf den Tisch gestellt.

Ein schmeichelndes Fell streicht meine Hand,
Die so verwöhnt in diesem Haus.
Der Ampelschatten an der Wand
Streckt lange Spinnenbeine aus.

Aus trübem Glase blinzelt ein Licht.
Es tickt die Uhr, verträumt, verjährt, – –
Noch ist die schwüle Stunde nicht,
Da hier die Freude schäumt und gärt.

Im Nebenraum erwachen weiche Lieder.
Ich will von dieser Stimme heut nichts wissen,
Und doch – – – Ich denke an verbuhlte Kissen,
An weiße Spitzen, an ein schlankes Mieder.

Ich stehe, – gehe, – kämpfend, zweifelnd, – lauschend – –
Vorbei! – – Und hinter mir rauscht die Portiere.
Mit einem Duft von indisch süßer Schwere
Küßt mich der Wollust holdes Gift berauschend.
(Band 1 S. 44-45)
_____

Collection: 
1994

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Tiefe Stunden verrannen.
Wir rührten uns nicht.
In den alten Tannen
Schlief ein Gedicht.

Stieg ein Duft aus dem Heu,
Wie ihn die Heimat nur haucht. – –
Sahst du das Reh, das scheu
Dort aus dem Duster...

Hell strahlen die festlichen Wände,
Fanfaren schmettern laut.
Es reichen sich selig die Hände
Bräutigam und Braut.

Es schwelgen im rauschenden Glanze
Frohe Damen und Herrn
Und wiegen sich lachend im Tanze. – –...

(30. Januar 1919)

Limi, Seeheimer Laterne
Glüht rot.
Trennt uns nur die Feme?
Oder Not?
Von dem Wernerwalde
Und vom Einst
Träum ich, träum, daß balde
Du erscheinst.
Komm,...

Wenige Schritte weiter –
Teilt sich der Buchen stäte Nacht,
Blickst du auf Lande, die heiter
Und weit und schön sind, wie Gott sie erdacht.

Grüne schlummernde Wellen
Glitzern im Regenbogenstaub;
Und Friede...

Mir träumte, ein kleines Schwälbchen
Flöge über das Meer.
Ein fremder, häßlicher Vogel,
Der jagte hinter ihm her.

Und eine weiße Möwe
Schloß sich zum Wettflug an,
Bis sie dem wilden Jäger
Die Beute...