Verliebte Arien

 
Ist denn dein herze gar erfroren?
Bist du aus schnee und eiß gebohren?
Hörst du mein seuffzen nicht /
Und was mein unmuth spricht?
Soll ich dich göttin nennen?
So nimm des himmels wehmuth an /
Der leichtlich sich erbarmen kan /
Und uns nicht ewig läst in hoffnungs-flammen brennen.

Des blutes regung zu vermeiden /
Und ganz von fleisch und blut zu scheiden /
Ist nirgends ein gebot /
Es heissets auch nicht GOtt;
Sich selber zu verlassen
Ist eine flucht / so sträfflich ist /
Und wer ihm solche bahn erkiest /
Den muß die menschlichkeit als einen unmensch hassen.

Du kanst ja deiner nicht geniessen /
Kein mund weiß selber sich zu küssen /
Der schnee auff deiner brust
Bringt dir geringe lust.
Die fleischichten Granaten
Seynd nicht allein vor dich erdacht /
Kein mensch ist vor sich selbst gemacht;
Es weiß der klügste geist ihm hier nicht recht zu rathen.

Die rose suchet ihr verderben /
Die auff dem stocke wünscht zu sterben /
Und nur ihr ganz allein
Meynt angetraut zu seyn.
Wilst du dich selbst begraben?
Wer sich in sich umsonst verzehrt /
Ist warlich seiner selbst nicht werth /
Und muß der thorheit schild an seiner grabstatt haben.

Bezwinge weißlich dein gemüthe /
Und folge zeitlich dem geblüte /
Darein im paradieß
GOtt selber funcken bließ;
Wer kan ihm widerstreben?
Schau ich dein helles antlitz an /
So fühl ich was der himmel kan /
Und wünsch auf deiner brust verparadiest zu leben.

aus: Benjamin Neukirchs Anthologie
Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen
auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte Theile 1-7
Tübingen Niemeyer 1961-1991
(Neudrucke deutscher Literaturwerke)
(Theil 1 S. 377-378)

Collection: 
1709

More from Poet

 
Ist denn dein herze gar erfroren?
Bist du aus schnee und eiß gebohren?
Hörst du mein seuffzen nicht /
Und was mein unmuth spricht?
Soll ich dich göttin nennen?
So nimm des himmels wehmuth an /
Der...

  Ihr hellen mörderin / ihr augen schliest euch zu /
Jedoch die schönen brüste /
Als zunder meiner lüste /
Geniessen keine ruh /
Ihr auffgeblehter schnee rafft alle krafft zusammen /
Und bläst in meine flammen.

...

 
Es wird der bleiche tod mit seiner kalten hand
Dir endlich mit der zeit umb deine brüste streichen /
Der liebliche corall der lippen wird verbleichen;
Der schultern warmer schnee wird werden kalter sand /
Der augen süsser...

 
Ein haar so kühnlich trotz der Berenice spricht /
Ein mund / der rosen führt und perlen in sich heget /
Ein zünglein / so ein gifft vor tausend herzen träget /
Zwo brüste / wo rubin durch alabaster bricht /
Ein hals / der...

 
1.
Die Wollust bleibet doch der Zucker dieser Zeit /
Was kan uns mehr / denn sie / den Lebenslauf versüssen?
Sie lässet trinckbar Gold in unsre Kehle fliessen /
Und öffnet uns den Schatz beperlter Liebligkeit;
In...