Alle Blumen müssen büßen,
Daß mein Herz so traurig ist,
Ihre Kelche sind zerrissen
Seit so ferne du mir bist!
Meine bleichen Finger knicken
Zitternd, voller wilder Hast
Alle Zweige, die sich bücken
Ahnungslos vom Stamm und Ast.
Ohne Schonung mußt verderben
Rose du, so schön und zart,
Ohn' Erbarmen seh' ich sterben,
Was des Lebens froh noch ward.
Und der Bienen muntres Surren,
Füllt mit Ungeduld die Brust,
Grillen zirpen, Käfer schnurren,
Doch ich grolle ihrer Lust.
Alles ist ein Weh dem Herzen,
Alles schlägt ihm Krallen ein,
Blutend trägt es Pein und Schmerzen,
Denn du mußt ihm ferne sein!
Alle Kelche sind zerrissen,
Alle Blüten, blaß und roth!
Ihr sollt meine Schmerzen büßen,
Bis einst knicket mich der Tod!
aus: Der neuhochdeutsche Parnaß 1740 bis 1860
Eine Grundlage zum besseren Verständnisse
unserer Litteraturgeschichte
in Biographien, Charakteristiken und Beispielen
unserer vorzüglichsten Dichter
von Johannes Minckwitz
Leipzig 1861