Terzinen

1.
Ja, Flordespina nennt sich meine Dame,
Ich sag's noch einmal deutlich: Flordespine:
Klingt euch geziert der wunderschöne Name?

Er paßt mir grade hier in die Terzine,
Auch ging er mir viel besser zu Gemüte
Als Lore, Dore, Hanne, Grete, Trine.

Schlagt nach im Ariosto, habt die Güte,
Dort spielt Despinchen eine art'ge Rolle:
Sie heißt zu deutsch: die Königin der Blüte.

Sie liebt der junge Richardett, der tolle,
Und spielt mit ihr ein pfiffiges Romänchen;
Ich will's verschweigen: les' es, wer da wolle!

Denn heutzutag mißraten solche Plänchen;
Dem Richardetto war der Sieg beschieden
Ohn' eine Ohnmacht und das kleinste Thränchen.

Wie bist du mit dem Namen denn zufrieden,
Du meine Blütenkön'gin, Flordespina,
Du klarster Stern im Himmel und hienieden?

 Da fehlt mir just der zweite Reim auf ina,
Den dritten aber hab' ich schon in Petto,
Du schönste Frau von Portugal bis China,

Sei Flordespin', ich bin dein Richardetto.

2.
Ein böser Traum
Ich war entschlummert einst am Rasenbühle,
Um mich des Lenzes würz'ges Duftgemische
Und in mir selbst des Lenzes duft'ge Kühle.

Da träumt' ich Liebesträume zauberische,
Und Heldenträume stolz und ungeheuer,
Und Freiheitsträume, mut'ge, jugendfrische.

Doch als verglomm des Morgens Purpurfeuer,
Da war verstummt das buhlerische Kosen,
Der Winter war genaht, der Flockenstreuer.

Und um mein Haupt in Windeswirbeltosen
Flog sparsam nur das Schneegelock des Greisen;
Ich war verwelkt, wie Lenz und Baum und Rosen,

Ein matter Nachhall schöner Frühlingsweisen.

3.
Wenn ich mir so das Thun der Welt betrachte,
Das fad und geistlos ist und kalt und trocken,
Das ich so ganz aus tiefster Brust verachte,

Und schaue dann auf Deine Feenlocken,
Auf deiner Wangen, deiner Augen Gluten,
Und höre hallen deines Mundes Glocken:

Dann ist die Welt ein Ozean voll Fluten,
Voll Stürmen mir und bodenlosen Grüften
Und Klippen, dran mein Herz sich will verbluten;

Du aber scheinst ein reines Ätherdüften,
Das säuselnd hinschwebt durch des Meeres Brüllen,
Das rosenatmend rollt auf Morgenlüften,

Des kranken Dichters schäumend Blut zu stillen.

4.
Wohl stand ich oft im nächtlich stummen Grauen
Dem Glanze deines Fensters gegenüber,
Dich lang und ungesehen anzuschauen.

Es bog die Kerze ihren Strahl herüber,
Um dir, wie ich, ins dunkle Aug' zu funkeln;
Doch plötzlich schien sie lässiger und trüber.

Es mochte wohl der argen Kerze munkeln,
Daß ich zum Nebenbuhler ihr geworden,
Drum fing sie neidisch an sich zu verdunkeln.

Du aber saßest an des Fensters Borden
Und schautest nicht auf mich, nein, auf die Flammen,
Die leise bebten in des Winds Akkorden.

Da warfst du endlich all mein Glück zusammen
Mit einem Hauche Deines stolzen Mundes,
Daß Aug' und Kerze rasch in Nacht verschwammen.

Ich preßte wild mein Herz, mein liebewundes,
Im bittern Grolle auf das Glück der Kerze,
Die längst mit dir sich freut des Liebesbundes.

Sie leuchtet stets in deines Auges Schwärze
Und buhlt mit deiner Stirn und deinen Wangen,
Indes ich fern von dir vergeh' im Schmerze.

Allein von deinem Mund den Tod empfangen
Und zu verwehn in deines Atems Wogen,
Wie es der Kerze jene Nacht ergangen:

Hätt' ich vom Schicksal solch ein Los gezogen,
Ich wollte, ach! nur leben eine Stunde
Und sterben dann, im süßen Hauch verflogen,

Der Kerze gleich in jener Abendstunde.

Collection: 
1887

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