Aus Liebesleid

1.
Die innre Glut macht zeitig alt,
Meine Stirne wird schon faltig;
Du aber göttliche Gestalt
Bist ewig lichtgestaltig.
Daß ich dir nie gefallen mag,
Mein Herz beginnt's zu ahnen,
Was soll der süße Rosenhag
Auf rauchenden Vulkanen?

Es macht dich scheu die düstre Kraft,
Die meinem Aug' entfunkelt,
Wenn mir das deine märchenhaft
Aus schattigen Wimpern dunkelt.
Es macht dich scheu der wilde Strom,
Den meine Lippe flutet,
Wenn jedes innerste Atom
Verborgen zuckt und blutet.

Recht hast du! ich verdiene nicht
Dein keusches Bild zu hegen;
In meinem Feuer ist kein Licht,
In meiner Kraft kein Segen.
Ein wilder Wandrer ist mein Herz,
 Den niemand liebt und achtet,
Bis er allein mit seinem Schmerz
In Finsternis verschmachtet.

Und dennoch! hättest du gewollt!
O reizendes Erinnern.
Mir wäre dann so wild gerollt
Der Strom in meinem Innern,
Sein Ufer wäre ein Smaragd
Und seine Flut krystallen,
Er ließe Lieder stolz beflaggt
Nach ewigen Meeren wallen.

Dahin, dahin! es ist vorbei!
Ich soll nicht mehr genesen,
Und jede edle Schwärmerei
Ist knabenhaft gewesen.
Doch wenn dies Herz in Asche stiebt
Mit seinem letzten Liede,
So denk: "Er hat mich sehr geliebt.
Gott schenk' ihm endlich Friede!"

2.
 Du bist so rein, so schön und gut!
Durchsichtig ohne Fehle
Wogt eine heil'ge blaue Flut,
Im Auge dir die Seele.
Den Himmel auf der Stirne dein
Wer darf ihn frevelnd trüben?
Du bist zu schön, du bist zu rein -
Du wirst mich niemals lieben!

Ich werde nie dein Ideal
Und nimmermehr dir teuer.
Du bist ein milder Sonnenstrahl
Und ich ein wildes Feuer.
Mag baden deine Seele sich
In spiegelreiner Helle,
Bis dir ein bess'rer Mann als ich
Melodisch rührt die Welle.

Das sei ein Mann mit lichter Stirn,
Der deiner Liebe tauge,
Der ganze Welten trägt im Hirn
Und Sonnen trägt im Auge.
Das sei ein Mann von Gott geweiht
In Liebe und im Hasse,
Der deine ganze Seligkeit
Im ersten Kuß umfasse!

 Ich aber - nun wer frägt nach mir?
Vergessen und verschollen!
Mir gilt es gleich, wo fern von dir
Sie mich begraben wollen.
Die Welt hat Dichter nah und fern,
Wird mich nicht lang beweinen.
Du aber, wunderschöner Stern -
Wirst einem andern scheinen!

Collection: 
1887

More from Poet

Wie gerne dir zu Füßen
Sing ich mein tiefstes Lied,
Indes das heil'ge Abendgold
Durchs Bogenfenster sieht.
Im Takte wogt dein schönes Haupt,
Dein Herz hört stille zu,
Ich aber falte die Hände
Und singe:...

Kennt ihr mein Lieb, sein Aug' ist groß,
Kennt Ihr das Aug' und wie es trifft,
Schwarzdunkel wie der Wolke Schoß
Und leuchtend wie des Blitzes Schrift?
Schön ist es, wenn es lächelnd tagt,
Schön, wenn's im Kreis zorndunkel fährt...

Mein Liebchen komm, uns Beiden
Ist wohl, wenn der Abend scheint,
Es hat der Tag beim Scheiden
Sein Auge rot geweint.
Die allertiefste Bläue
Umduftet den Bergeswall,
Und wie in süßer Scheue
Murmelt der...

Du bist sehr schön, in dunklem Strome
Rollt dein Gelock, vom Wind gebläht,
Von deiner Stirne Marmordome,
Ein Siegspanier der Majestät!
Als wie die Palme windgebogen
Wogt deines Wuchses schlanke Höh',
Und deines...

O wecke nicht den scheuen Stolz,
Ihn weckt ein leicht Geräusch,
Er bricht den Liebespfeil im Holz,
Die Spitze bleibt im Fleisch;
Er geht urplötzlich wie ein Sturm
Durch den allerschönsten Mai,
Die Liebe krümmt sich...