Das Dorf ist still, still ist die Nacht,
Die Mutter schläft, die Tochter wacht,
Sie deckt den Tisch, sie deckt für zwei,
Und sehnt die Mitternacht herbei.
Wem gilt die Unruh? wem die Hast?
Wer ist der mitternächtge Gast?
Ob ihr sie fragt, sie kennt ihn nicht,
Sie weiß nur, was die Sage spricht.
Die spricht: wenn wo ein Mädchen wacht
Um zwölf in der Sylvesternacht,
Und wenn sie deckt den Tisch für zwei,
Gewahrt sie, wer ihr Künftger sei.
Und hätt’ ihn nie gesehn die Maid,
Und wär’ er hundert Meilen weit,
Er tritt herein und schickt sich an,
Und ißt und trinkt, und scheidet dann. –
Zwölf schlägt die Uhr, sie horcht erschreckt,
Sie wollt’ ihr Tisch wär’ ungedeckt,
Es überfällt sie Angst und Graun,
Sie will den Bräutigam nicht schaun.
Fort setzt der Zeiger seinen Lauf, –
Niemand tritt ein, – sie athmet auf, –
Sie starrt nicht länger auf die Thür, –
Herr Gott, da sitzt er neben ihr.
Sein Aug’ ist glüh, blaß sein Gesicht,
Sie sah ihn all’ ihr Lebtag nicht,
Er blitzt sie an, und schenket ein
Und spricht: „heut Nacht noch bist du mein.
Ich bin ein stürmischer Gesell,
Ich wähle rasch, und freie schnell,
Ich bin der Bräutgam, Du die Braut,
Und bin der Priester, der uns traut.“
Er fasst sie um, – ein einzger Schrei;
Die Mutter hört’s, sie kommt herbei;
Zu spät, – verschüttet liegt der Wein, –
Todt ist die Tochter, und – allein.