Sonntag-morgen

Sonntagmorgen, Sabbathstille,
O du milder Friedensgruß!
Ich empfinde sel'ges Ahnen,
Fühle Gottes Gnadenkuß.
Aus dem Aether blau und sonnig
Träuft die Lebenswärme nieder,
Schwellt die Herzen still von Wonne,
Strahlt und glänzt im Goldgefieder.

Glockenklänge, Feiertöne,
O du heil'ge Melodie!
Frommer Sang, empor zur Höhe,
Zu der Welten-Harmonie!
Glockenstimme ruft die Beter
In des Ew'gen Tempel-Hallen,
Und die Menschen, festgeschmückt,
Schaarenweis' zur Andacht wallen.

Bergeshöhe, Waldesstille,
O du tiefe Einsamkeit,
Mir ein heil'ger Andachtstempel
Stiller, süßer Seligkeit!
Mir erglüht in lichter Freude
Rings die milde Erdenschöne,
Mich durchzittern süße Schauer,
Mich umwehen sanfte Töne.

Herzenswonne, Seelenfriede,
O du himmelsüße Lust!
Tragt mich in das Land der Engel,
Webt und schwebt um meine Brust.
Ich erklimme Gottes Höhen
Ahnend, still mit frommem Triebe,
Schöne Welt, dich zu umfangen
Mit der süßen, ew'gen Liebe.

aus: Deutschlands Dichterinnen
in chronologischer Folge
herausgegeben von Abraham Voß
Düsseldorf 1847

Collection: 
1847

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