• Meiner Frau

    Aus der Tiefe meiner Leiden,
    meines Elends, meiner Not,
    ruf ich mit erhobnen beiden
    Händen nach dem Retter Tod.

    Alles kann ich wunschlos meiden,
    was sich mir im Leben bot:...

  • Als die Linden am Wege blühten
    und fern die Kuppen der Berge glühten
    und leise Luft
    von den Höhen her
    um die Wangen mir schmeichelte
    alles in Morgenduft
    wie in Schleiern lag
    zärtlich erschauernd vor dem Tag:
    damals ...!
    O ihr rotblühenden Hecken der Träume
    wie sind...

  • Mit weissen Schuhen weissen Schleifen
    Myrthen in den weichen Haaren
    gehst du gegen alle Gefahren
    die nach uns greifen.

    Und unterm Schleier wirst du schauen
    mit bangem Blick auf hohe weisse Kerzen
    mühsam mit heftig kämpfenden Brauen
    scheuchst du die Tränen nach deinem Herzen.
    ...

  • Du

    Wie aus tiefen Wäldern bist du
    wo keine schweren Menschen gehen·
    wie in der Waldquelle
    seh ich mich rein und wahr in dir.
    Ich bin ein heisser unzufriedener Mensch
    mit einem herrischen Kinderherzen.
    Tau liegt auf meinen Haaren aus den
    Nächten der Sehnsucht·
    meine Hände zittern nach Glück....

  • Über deine Augenlider
    zärtlich sacht
    strich mit weichem Flaumgefieder
    der Wundervogel der Nacht.

    Seine grossen grünen Schwingen
    sind von Träumen schwer.
    Horch: er will singen
    von Palmenwäldern und seltnen süssen Dingen·
    weit weit kommt er her ......

  • Ich gab mein Herz einem blonden Kind.
    Sie nahm's und lachte.
    Ich wußte nicht, wie Kinder sind,
    ich freute mich und dachte:
    "Nun legt sie's zärtlich in den Schrein
    und wird's verwahren."
    Sie aber warf's in den Tag hinein:
    der Stundenwagen fuhr polternd drein -
    da ward es überfahren....

  • Lautlos tanzt ein Mückenschwarm
    wirbelnd in der Sonnenschräge·
    kommt ein Lied im Lindenduft
    sonntagabend bang und träge
    durch die laue weiche Luft
    leise her aus den Alleen
    wo die jungen Mädchen gehn
    Arm in Arm ...

    Aus: Richard...

  • Und aus der tiefen dunkeln Nacht
    beladen schwer mit Schweigen
    bin ich im grossen Licht erwacht:
    verwunden Traum und Schwüle·
    die grünen Blätter schwanken
    in klarer Morgenkühle
    und tau-beseligt neigen
    die Rosen sich und danken·
    die Welt steht hell in Gnaden.
    Nun Herz tu ab dein...

  • Ich bin nun ganz dein eigen und noch mehr:
    mit deines jungen Lebens Last beladen·
    der Schatten deiner Seele schon ist schwer
    wenn Tränen deine lieben Augen baden.

    Aus: Richard Schaukal Ausgewählte Gedichte
    Erschienen im Insel-Verlag Im Jahre 1904 (S. 34)
    ...

  • Dein Bild aus frühern Tagen
    das ich so lange trug:
    ich kann mich nicht genug
    nach seinen Zügen fragen.

    Du bist mir so vertraut
    dass die Vergangenheiten
    sich dicht wie Schleier breiten
    um eine Perserbraut.

    Nur denken darf ich mich
    in jene fernen Stunden...