• IV.

    Ein großes Atmen ist in meinem Sein —
    Alles Belebten gottvolles Regen,
    alles Gewollten formender Segen —
    So Bild, wie Seele — Meer, wie Uferstein.

    Wo sich im Tanze die Lust geschwungen,
    bin ich ihr jauchzend vorangesprungen,
    stöhnte ein Sterben an düsterer Stätte,
    stand ich als wissender...

  • V.

    Mein Vetter las ein altes Buch
    mit Gedichten vom Leben und Lieben
    und hat, wo die innigsten Verse stehn,
    deinen Namen dazugeschrieben.

    Und, als er merkte, daß ich es gesehn,
    da hat er mich bettelnd umschmeichelt
    und suchte nach Worten — und fand sie nicht —
    und hat meine Hand gestreichelt...

  • VI.

    Daß wir uns heute — heute erst fanden — —
    Wie nenne ich sie mit brennenden Namen,
    die es verschuldet!
    Wie treff' ich uns mit zorniger Klage,
    die wir's geduldet!
    Denn was in uns beiden heute nach Offenbarung drängt,
    das hat sich vor Jahrmillionen in schaffenden Keimen vermengt.

    Ich bin das...

  • Du betest: "Lieber Vater, gib,
    daß ich den Weg behalte,
    und laß nicht, was mich gläubig trieb,
    als Blitz und Flamme walten.

    Gib meine wachen Sinne nicht
    dem heißen Traum zur Beute —
    Ach, den ich liebe, fürchte ich,
    und das herrische Du! und Heute!"...

  • Wenn auf den hohen Altären
    die letzten Brände verrauchen
    und die großen Seltenheiten
    ins Taggewohnte tauchen,

    dann ist noch ein heißes, langes,
    aufbäumendes Händefassen
    und zugleich ein wissendes, banges
    Verstehen und Verlassen —.

    Da wird uns tiefes Erkennen,...

  • IX.

    Lang war ein Schweigen
    überall —
    wir sahen nicht Feld und Berg,
    nicht Wolken —
    nur weit — weit — drüber weg
    — Himmel weiß, wohin —
    wo wir uns selber suchten.

    Denn du, mein armer Vetter, und ich
    verstanden es beide,
    daß es schwer in uns sein mußte.
    Sollt'...

  • X.

    Oh, die ergebenen Frauen zu sehen,
    wie sie müde mit ihren Gatten gehen —
    und zu denken, daß sie vor kurzen Jahren
    starke, hochfordernde Mädchen waren,
    die nun alles vergaßen und alles verrieten
    und nicht mehr wünschen und kaum noch bieten —

    Und zu denken, daß du in nächster Frist
    auch eine...

  • XI.

    Ave Maria!
    Gegrüßt seist du, Königin,
    Mutter und Martyrin,
    Liebevertraute!

    Zu dir beten
    ist außer sich stehen —
    im Überweiten
    willig vergehen —

    Eigenleid bannen,
    Weltsorge trinken —
    ganz versinken
    in deiner Hut —
    ...

  • Die Sonne zittert im jungen Laub,
    durch wehende Lüfte schwimmen
    im alten Dreiklang des Feiertags
    verhaltene Glockenstimmen.

    Nun richten sie dir die Hochzeit aus
    und läuten's in alle Weiten
    und führen dich mit Gepränge nach Haus
    und wünschen dir glückliche Zeiten. —...

  • Du aber bist die Gefahr der halbwachen Stunden,
    bist die erwartete Feindin, nie überwunden,
    gleißende Münze der Welt für den tiefsten Verrat,
    Schrei des Versinkenden, Seele verworfener Tat —
    Lilith —!

    Seit du des Knaben einfachen Schlummer gestört,
    hast du ihn je und je gegen sich empört,
    ...