•      Ein Fichtenbaum steht einsam
    Im Norden auf kahler Höh’.
    Ihn schläfert; mit weißer Decke
    Umhüllen ihn Eis und Schnee.

    5      Er träumt von einer Palme,
    Die, fern im Morgenland,
    Einsam und schweigend trauert
    Auf brennender Felsenwand.

  • [15] Ein Frühlingstag

    Die Leute schnuppern in die Luft wie Hunde,
    Die dieses Frühlingstages Ruch erspüren wollen.
    Die Sonne steigt sehr langsam aus dem Grunde
    Der schwarzen Wolken, wie ein Bergmann aus den Stollen.
    5 Und aus den Menschen zieht sie einen Schatten,
    Verzerrt sind Kopf und Rumpf und Flanken
    So kriechen unsre heiligsten Gedanken...

  • [104] Ein Freudentag.

    Jaja, ich hab’ mir ’ne Pfeife gekauft,
    Eine Tabakspfeife von Ton!
    Ja, Weibchen, ja: der „Ökonomie“
    Und aller Vernunft zum Hohn!

    5 Haha, ich hab’ mir ’ne Pfeife gekauft,
    Eine...

  • [11] EIN FREUND ERZÄHLT MIR

    „Ich sah auf der Wiese – Oskar ist Zeuge –
    Eine Dame sich aus der Kniebeuge
    Langsam erheben
    Und vor ihr etwas wie Segeltuch schweben.
    5 Eine tausendköpfige Menge...

  • [119] Ein Gedankenbrief.
    (1877.)

    Die letzte Nacht vor einer langen Reise!
    Ich weiß es kaum, wie mir der Abend schwand.
    Dann stand ich auf. In alter, schlichter Weise
    Gabst du zum Abschied lächelnd mir...

  • [152] Ein Gefangner.
    (1852).

    Auf des Erzgebirges Kamme
    Stand der Berge freier Sohn,
    Hohen Geistes Feuerflamme
    Schien aus seinem Aug’ zu lohn,
    5 Unter goldnen Lockenhaaren
    Glänzt auf hoher...

  • [94]
     3.

    Ein Gewitter steht am Himmel,
    In der Ferne tost das Meer
    Und der Wolken grau Gewimmel
    Jagt in wilder Hast daher.

    5 Doch aus den Ruinen leuchtet
    ...

  • [99] Ein gleiches.

    Ueber allen Gipfeln
    Ist Ruh’,
    In allen Wipfeln
    Spürest du
    5 Kaum einen Hauch;
    Die Vögelein schweigen im Walde.
    Warte nur, balde
    Ruhest du auch.

  • [53]
    EIN HERBSTABEND
    An Karl Röck [1]

    Das braune Dorf. Ein Dunkles zeigt im Schreiten
    Sich oft an Mauern, die im Herbste stehn,
    Gestalten: Mann wie Weib, Verstorbene gehn
    In...

  • [76] EIN HERZ LAVIERT NICHT

    Ich nenne keine Freundschaft heiß,
    Die niemals, wenn's ihr unbequem,
    Den Freund zu überraschen weiß
    Trotzdem.

    5 Denn wenn sie Zeit und Mühe scheut,...