• Einladung.
    Sonnett.

         Komm o mein Freund! weil noch die Rosen glühn,
    Komm, daß ich, bei des Weinstocks goldner Thräne,
    Die heitre Stirn reit Rebenlaub dir kröne,
    Noch eh der May und seine Wonne fliehn.
    5      Bald welkt der Hain, bald wird die Flur verblühn;
    Die Nachtigall verlernt die süßen Töne
    Und mit dem Lenz sehn wir die zarten...

  • [58] Elegie
    auf den Tod
    des Bruders meines Freundes.

    Im düstern Wald, auf der gespaltnen Eiche,
    Die einst der Donner hingestrekt,
    Sing' ich um deines Bruders Leiche,...

  • Ellwieens Schwanenlied.
    Zu singen im Herbste.

         Wie blickst du aus dem Nebelduft,
    O Sonne, bleich und freundlich!
    Wie weht die dunstbeladne Luft
    So rauh und menschenfeindlich!

    5      Es girrt die sterbende Natur
    Ihr Schwanenlied so traurig,
    Es stehen Busch und Wald und Flur
    So herbstlich und so schaurig.

         Ihr...

  • [88]
                   Empfindung am Ufer.

                           1790.

    Leise, wie Wellen des Bachs, kamen Gedanken mir –
         Schwanden Gedanken dahin, welche, Erinnrung! du
    Holde Schwester des Tiefsinns,...

  • England und Deutschland.

    Stolzes Brittannien, du! du raubst von Osten und Westen
         Köstlich duftendes Reis, das dich in Flammen verzehrt,
    Glänzender Phönix! Wir, die deutsche fleißige Biene,
         Sammlen auf jeglicher Flur Honig, und wissen nicht, wem ?

  • [20] Entscheidung des vorigen

    Ich denke, Trill ist noch am besten dran:
    Weil ihn das Bild nicht wieder küssen kann.

  • Freund, wie macht es dich so traurig,
    Daß, so oft man dich verkennt? –
    Jeden Ausbruch deiner frohen Laune,
    Mit der Schmähsucht schallenden Posaune
    5 Vorwitz und Satyre nennt! –

    War es nicht das Loos der schönsten Seelen
    Immer sich verkannt zu sehn? –
    Ja, es kann, es kann nicht fehlen,
    Gute Menschen müssen Neider zählen,
    10 Die bey...

  • Erinnerung.

    An Lyda.

          Im Ulmenhaine, wo mich ernst und düster
    Die Wehmuth oft in deinem Arm beschlich,
    Wandl’ ich allein. Im leisen Blattgeflüster
    Ahnt meine Seele dich.

    5 Den Hain, in dem sich Tag und Dunkel gatten,
    Durchrauscht ein Quell, von Geisblatt überwebt:
    Dein Bild umschwebt den Quell, sanft wie ein Schatten
    An...

  • Erinnerung und Phantasie.

    Warum ergießt sich nur der Schwermuth Schauer
         Aus deiner Schaale mir, Erinnerung?
    Warum bewölkt der Sehnsucht stille Trauer
         Der Seele Blick mit trüber Dämmerung?

    5 Sie flattert ängstlich mit gelähmtem Flügel
         Um Blüthen der Vergangenheit, enteilt
    Auf ewig, wie bei seinem Grabeshügel
         Ein...

  •      Ach! wer bringt die schönen Tage,
    Jene Tage der ersten Liebe,
    Ach! wer bringt nur Eine Stunde
    Jener holden Zeit zurück!

    5      Einsam nähr’ ich meine Wunde,
    Und mit stets erneuter Klage
    Traur’ ich um’s verlorne Glück.

         Ach! wer bringt die schönen Tage,
    Jene holde Zeit zurück!