• Als Cäsar einst aus des Verräthers Hand
         Des großen Feind’s geehrtes Haupt empfangen,
         Fühlt’ er von Freud’ und Jubel sich befangen,
         Ob heuchelnd gleich sein Blick voll Thränen stand.

    5 Und Hannibal, als nun sein Vaterland
         Das grause Schicksal traf, das ihm verhangen,
         Lacht’ er im Kreis der Thränenvollen, Bangen,
         Und...

  • Weh mir, den Amors harter Angriff findet.
         Bey Tag und Nacht zu mehr als tausend Mahlen —
         Hin kehr’ ich, wo ich sah die Funken strahlen,
         Die ew’ge Gluth im Herzen mir entzündet.

    5 Dort find’ ich Ruhe — Wenn die Nacht verschwindet,
         Wie wenn den Aether Abendgluthen mahlen,
         Erfüllen mich so ruhig jene Strahlen,
         Daß...

  • Von Amorn zum gewohnten Ort gekehret,
         Stand ich wie einer, der gefaßt zum Streiten,
         Sich vorsieht, sich umschanzt von allen Seiten,
         Mit der Entschlüsse schwachem Schild bewehret.
     
    5 Ich wandte mich, und staunte süß bethöret,
         Sah einen Schatten durch die Wiese gleiten —
         Sie, würdiger der Himmelsseeligkeiten
         ...

  • [232]
     LXIV.

    Wer wüßte je das Leben recht zu fassen,
         Wer hat die Hälfte nicht davon verloren
         Im Traum, im Fieber, im Gespräch mit Thoren,
         In Liebesqual, im leeren Zeitverprassen?

    5 Ja, der...

  • Wo bist du, Muse, und vergißt so lang,
    Zu rühmen, was dir deine Macht verleiht?
    Giebst du dein Feuer hin an schlechten Sang,
    An Niedres deine Verse, bald bereut?
    5 Kehr’ um, vergeßne Mus’, und büße jetzt
    In edlen Versen die verlorne Zeit!
    Dem Ohre sing’, das deine Lieder schätzt,
    Und deiner Feder Stoff und Form verleiht.
    Sieh’, böse Muse...

  • O arge Muse, wie willst du’s entschuld’gen,
    Daß Wahrheit du durch Schönheit nicht geschmückt?
    Wahrheit und Schönheit meiner Liebe huld’gen;
    Auch du dienst ihr, dadurch zumeist beglückt.
    5 Gieb Antwort, Muse! Wirst du sagen nicht:
    „Der Wahrheit fehlt nicht Zierde, die ihr eigen,
    „Nicht zieht der Pinsel Schönheit an das Licht,
    „Am besten wird das...

  • Mein Lieben wächst, mag’s wen’ger auch sich zeigen,
    Nicht minder lieb’ ich, prunk’ ich drob auch nicht;
    Die Lieb’ ist käuflich, wenn sie nicht verschweigen
    Der Eigner kann, und überall bespricht.
    5 Jung war mein Lieben und in Frühlingszeit,
    Als ich’s in meinen Liedern stets besungen;
    Dem Lenz die Nachtigall nur Töne weiht,
    Nie ist ihr Flöten...

  • Wie ärmlich ist’s, was meine Muse schafft,
    Der solch ein Stoff ward, ihre Macht zu weisen!
    Der nackte Inhalt hat allein mehr Kraft,
    Als wenn ich ihn geschmückt mit meinem Preisen.
    5 O, darum tadle du nicht mehr mein Schweigen,
    Sieh’ in den Spiegel und erblicke dich
    So schön, wie Phantasie dich nie kann zeigen;
    Es schmäht mein Singen, bringt in...

  • Mir, schöner Freund, kannst nie du werden alt,
    Denn wie du warst, da ich zuerst dich fand,
    Ist deine Schönheit noch. Drei Winter kalt,
    Drei Sommern haben sie den Schmuck entwandt;
    5 Drei schöne Lenze haben sich gekehrt,
    Im gelben Herbst allmälig zu verblüh’n;
    Dreimal hat Maienduft August zerstört,
    Seit ich dich schaute, der du stets noch grün....

  • O sage nicht, mein Herz sei wandelbar,
    Wenn Trennung meine Gluth zurückedrängt!
    Wohl eher ließ mein Leben ich fürwahr,
    Als meine Seele, die dein Herz umfängt.
    5 Das ist der Liebe Heimath, und mich führt,
    Dem Wandrer gleich, die lange Fahrt zurück;
    Zu rechter Zeit, nicht von der Zeit berührt,
    Versöhn’ ich meinen Fehl im Augenblick.
    O...