• An die Rheingräfinn Fanny von G***, Gräfinn zu S**.

    Nur im Schleier der Verborgenheit
    Will uns Hulda, süße Lieder singen;
    Und auch meine Offenherzigkeit
    Zu dem Stummseyn eines Fisches zwingen?
    5 Diese reizende Bescheidenheit,
    Glaub’ es mir, geht wahrlich hier zu weit.

    Mir entzückte eine unbekannte
    Sanfte Schöne, die sich Hulda nannte,...

  • An die Schriftstellerinnen. Nach le Brun.

    Siehe, Göttinger Musenallmanach 1797. S. 131.

    Die ihr, zur Liebe nur geboren,
    Die süße Kunst, zu reizen wißt,
    Euch zürnet Amor, wenn verloren
    Durch Reimerey die Nacht euch ist;
    5 Wie? Mit dem Gott so schön verbunden,
    Entflöht ihr treulos Cypris Hain?
    Und wolltet eurer Nächte Stunden
    Nur...

  • An eine junge Mahlerinn.

    Geliebte! für die Kunst des Raphael geboren,
    Wirst du nicht Bildnerinn von Thieren, Holz und Stein;
    Nein, Wesen mahlest du, die Gott sich auserkohren
    Dem Unerschaffenen am ähnlichsten zu seyn.
    5 Du sprichst ein schöpferisches: Werde!
    Und zauberst durch des Pinsels Allgewalt
    Die seelenvolleste Gestalt
    Aus...

  • An meinen ältesten Sohn, bey dem Preussischen Heere, zur Zeit des Ausmarsches 1790.

    Horch, Jüngling, du, den ich gebar!
    Wem gilt dies Kriegsgewühl?
    Gerüstet steht der Brennen Schaar
    Zum großen Trauerspiel.

    5 In ihrem Busen flammet Muth,
    Ihr Auge dräut den Tod. –
    Wohl, Jüngling, wohl! schon glüht dein Blut,
    Und färbt dein Antlitz roth....

  • Antwort an Herrn Karl Hadermann.

    „Nein, Alles ist dahin! – Nur eines bleibt:
    Die Thräne hat uns die Natur verliehen;
    Den Schrey des Schmerzes, wenn der Mann zuletzt
    Es nicht mehr trägt – Und mir noch überdem,
    Sie ließ im Schmerz mir Melodie und Rede,
    Die tiefste Fülle meiner Noth zu klagen.
    Und wenn der Mensch in seiner Qual verstummet,
    ...

  • Antwort an Madame Karschinn.

    Schwarz und dunkel, wie der Nacht Gefieder,
    Sank auf meine feuchten Augenlieder
    Melancholisch sich der Schlaf herab:
    Und da träumte mir von einem schönen Feste;
    5 Du und ich, wir waren auch als Gäste
    Bey der Tafel, die ein König gab. –
    Sage doch, was mag der Traum bedeuten?
    Soll ich das versprochne Glück...

  • Antwort auf die Einladung einer Freundinn.

    Wenn feiner Witz, und häuslich stille Freude
    Bey dir die Speise würzt, und Geist dem Tranke giebt,
    Dann reizet mich zu keinem Neide
    Der Fürsten-Tisch, den oft in Gold und Seide
    5 Verstellung, Schmeicheley und Langeweil’ umgiebt.

  • Antwort der Madame Karschinn.

    Dank für den Trost, den du mir giebst
    In deinem Morgengruß so schön, so allerliebst!
    Ich möcht’ ihn selbst geschrieben haben
    Am Tage, der dein erster war.
    5 Auch dank’ ich für die Blumengaben,
    So spät im Jahr,
    Und doch so herrlich anzuschauen. –
    Ich bitte, meine Theure, dich
    Mit zärtlichem Vertrauen,...

  • Auf einen Geizigen.

    Ist’s wahr, mein Freund! daß Ligurin,
    Der gleich dem Tantal lebt, nicht sich noch andern nützet,
    So vieles Gold besitzet? –
    Nein, er besitzt kein Gold, das Gold besitzet ihn.

  • Augustus und ein junger Grieche.

    Man stellte dem August einst einen Griechen dar,
    Der von Gesicht ihm völlig ähnlich war.
    Der Kaiser, dieser Gleichheit Ursach zu erfahren,
    Fragt: Sollte deine Mutter nicht vor Jahren
    5 Einmahl nach Rom gereiset seyn?
    Der Jüngling giebt zur Antwort: Nein,
    Von ihrer Reise hab’ ich nie ein Wort vernommen,
    ...