• An die Nymfen.

    Schüzt allgütig, ihr Nymfen, die Stäte des heiligsten Bundes,
          Nimmer bekränze der Fraun hier der Mänade den Kelch;
    Nur den Grazien spendet beim Reigen die duftenden Glöckchen,
          Welche die Schläfe des Mais, schimmernd wie Silber, umblühn.

  • Wo der See, mit grüner Welle,
    Dumpf der moosbedeckten Zelle
    Schroffe Klippenwehr umschäumt,
    Hallt dein Nam’, in stiller Feyer,
    5 Wann der Berge Silberschleyer
    Sich mit Abendgold besäumt.

         Der Gewährung Stunde segnet,
    Da sein Auge dir begegnet,
    Hier ein grauer Eremit,
    10 Dessen Brust, im freyen Schoosse
    Wilder Felsen,...

  • Der neue Pygmalion
    1790.

    Ich grub, da schon der Purpursaum
         Der Abendwolke blich,
    Ein Bild in den erwählten Baum
         Das deinem Bilde glich.

    5 Doch wars wohl nur ein Zauberspiel
         Der goldnen Fantasie
    Das dem verzeichneten Profil
         Des Urbilds Züge lieh.

    Ich ahnte, wie Pygmalion,
    10      Des Blickes...

  • Die Elementargeister.
    Sylfen.
    Die Sylfen entwallen
    Des Morgenroths Hallen,
    Wie lieblich, wie mild
    Ihr Purpurgebild
    5 Aus Aether gehaucht
    In Aether sich taucht!
    Ein Rosenblatt würde
    Den Schwingen zur Bürde!
    Ihr Sinn ist so hell
    10 Ihr Schweben so schnell
    Wie Stralen der Sonne!
    Sie locken zur Wonne
    ...

  • Die Schatten.

    Freunde, deren Grüfte sich schon bemoosten!
    Wann der Vollmond über dem Walde dämmert,
    Schweben eure Schatten empor vom stillen Ufer der Lethe.
    Seid mir, Unvergeßliche, froh gesegnet!
    5 Du vor allen, welcher im Buch der Menschheit
    Mir der Hieroglyfen so viel gedeutet,
         Redlicher Bonnet!
    Längst verschlürft im Strudel der...

  • Hexenfund.

    Endlich, alte Wundergerte,
         Ueber ein Jahrtausend
         Nur in Gräbern hausend,
    Hobst du dich ans Licht hervor:
    5 Furchtbar krachte das gesperrte
         Geisterthor.

    Wahrlich, als wir Hexenjünger,
         Dich auf Alraunbeeten
         Ahndungsvoll erspähten,
    10 Waltete mit unsrer Schaar
    Salomos erhabner...

  • Lied der Nixen.

    Ihr Knaben, rosig wie der Mai,
    Der Tag ist schwül, herbei! herbei!
         Flink tummelt euch zum Bade!
    Kennt ihr der Nixen muntre Schaar,
    5 Von Auge schwarz und grün von Haar?
         Sie lauscht am Schilfgestade.

    Wer uns die Händchen herzhaft reicht,
    Und wann die Fluth ans Kinn ihm steigt
         Nicht bang’ um Hülfe...

  • Sehnsucht nach Rom.
     Alme Sol, curru nitido diem qui
     Promis et celas, aliusque et idem
     Nasceris: possis nihil urbe Roma
     Visere maius.
    HOR.

         Wie Filoktets umwölkten Blicken
    Der Vatererde lachend Grün,
    Auf Lemnos unwirthbarem Rücken,
    In jedem Halm zu weben schien:

    5      So mahnt mich, wo der Wildniß Ranken
    ...

  • Stummes Dulden.

    Feige Sterbliche nur und aberwitzige Schwärmer
         Schrein von den Dächern ihr Weh’, Mitleid erbettelnd vom Volk.
    Klage geziemt nicht dem Starken; im Kampf mit dem eisernen Schicksal
         Singt nur die rüstige That; Worte sind Beute des Sturms.
    5 Schlägt ihm ein ähnliches Herz: so geb’ er sich ganz und auf ewig;
         Bleibt ihm dies...

  • Tibur.

    Am letzten Abend des Jahres 1795.

    Gleich Elysiums Lenzen, lacht der Winter
    In den Gärten der Hesperiden, herrlich
    Prangt ihr Apfel im Grün der Haine, Zefyr
         Wiegt sich auf Blumen.

    5 Sieh! wir Fremdlinge weihn, auf Tiburs Hügel,
    Dir, venusischer Schwan, der keuschen Dafne
    Dunkel glänzendes Haar, und sprengen opfernd...