• [184]
     XII.
     Gedächtnißfeier.

    Keine Messe wird man singen,
    Keinen Kadosch wird man sagen,
    Nichts gesagt und nichts gesungen
    Wird an meinen Sterbetagen.

    5 Doch vielleicht an solchem...

  •      Gekommen ist der Maye,
    Die Blumen und Bäume blühn,
    Und durch die Himmelsbläue
    Die rosigen Wolken ziehn.

    5      Die Nachtigallen singen
    Herab aus der laubigen Höh’,
    Die weißen Lämmer springen
    Im weichen grünen Klee.

         Ich kann nicht singen und springen,
    10 Ich liege krank im Gras;
    Ich höre fernes Klingen,
    Mir...

  • [68]
    Geoffroy Rudèl und Melisande von Tripoli.

    In dem Schlosse Blay erblickt man
    Die Tapete an den Wänden,
    So die Gräfin Tripolis
    Einst gestickt mit klugen Händen.

    5...

  •      Hörst du nicht die fernen Töne,
    Wie von Brummbaß und von Geigen?
    Dorten tanzt wohl manche Schöne
    Den geflügelt leichten Reigen.

    5      „Ei, mein Freund, das nenn’ ich irren,
    Von den Geigen hör’ ich keine,
    Nur die Ferklein hör’ ich quirren,
    Grunzen nur hör’ ich die Schweine.“

         Hörst du nicht das Waldhorn blasen?
    10 Jäger...

  •      Dumpf liegt auf dem Meer’ das Gewitter,
    Und durch die schwarze Wolkenwand
    Zuckt der zackige Wetterstrahl,
    Rasch aufleuchtend und rasch verschwindend,
    5 Wie’n Witz aus dem Haupte Kronions.
    Ueber das wüste, wogende Wasser
    Weithin rollen die Donner
    Und springen die weißen Wellenrosse,
    Die Boreas selber gezeugt
    10 Mit des...

  • Graue Nacht liegt auf dem Meere
    Und die kleinen Sterne glimmen.
    Manchmal tönen in dem Wasser
    Lange hingezogne Stimmen.

    5 Dorten spielt der alte Nordwind
    Mit den blanken Meereswellen,
    Die wie Orgelpfeifen hüpfen,
    Die wie Orgelpfeifen schwellen.

    Heidnisch halb und halb auch kirchlich
    10 Klingen diese Melodeyen,
    Steigen...

  •      Hör’ ich das Liedchen klingen,
    Das einst die Liebste sang,
    So will mir die Brust zerspringen,
    Vor wildem Schmerzendrang.

    5      Es treibt mich ein dunkles Sehnen
    Hinauf zur Waldeshöh’,
    Dort lös’t sich auf in Thränen
    Mein übergroßes Weh’.

  •      Hab’ ich nicht dieselben Träume
    Schon geträumt von diesem Glücke?
    Waren’s nicht dieselben Bäume,
    Blumen, Küsse, Liebesblicke?

    5      Schien der Mond nicht durch die Blätter
    Unsrer Laube hier am Bache?
    Hielten nicht die Marmorgötter
    Vor dem Eingang stille Wache?

         Ach! ich weiß wie sich verändern
    10 Diese allzuholden...

  •      „Hat sie sich denn nie geäußert
    Ueber dein verliebtes Wesen?
    Konntest du in ihren Augen
    Niemals Gegenliebe lesen?

    5       Konntest du in ihren Augen
    Niemals bis zur Seele dringen?
    Und du bist ja sonst kein Esel,
    Theurer Freund, in solchen Dingen.“