Wilhelm Jordan

  • Allabendlich vor Schlafengehn
    Muß ich der Liebsten Bild besehn.
    Dem sag ich leise gute Nacht
    Und frag es: hast du mein gedacht?

    Und lösch' ich dann der Lampe Licht
    So taucht dein holdes Angesicht
    Hervor aus...

  • Noch immer hält da droben
    Der Sonne Abendgold
    Des Berges Haupt umwoben –
    Uns ist sie längst hinabgerollt.
    Noch halt' ich deine Hände
    Mit meinen warm umpreßt
    Und noch nicht ganz zuende
    Ist dieses schöne...

  • Weißt du wie du die Blume brachst
    Vom Wegesrand
    Und ich, was Du so leise sprachst,
    Nur halb verstand?
    Es war ein Maaßlieb, zart geschmückt
    Mit weißem Sternenkragen
    Und sollte nun, von mir zerpflückt,
    Sein...

  • Wie im Herbst zum zweiten mal
    Manche Bäume blühen,
    So beginnt mein altes Herz
    Jugendlich zu glühen.

    Sei vernünftig, halte fest
    Deine stolze Kühle;
    Laß nicht keimen aus dem Scherz
    Innige Gefühle....

  • Die Zeit verfiel in Schneckengang,
    Ich, der Poet, in Klügeln.
    O Muse, sende mir Gesang
    Die Stunden zu beflügeln!

    Zur Wüste wird mein Leben mir
    Wenn keine Verse quillen;
    Ich kritzle Schnörkel auf's Papier,...

  • Des Dampfers Rauch verweht am Horizonte,
    Du bist an Bord.
    Nun ist der Punkt der Dich bedeuten konnte
    Im Fernrohr fort.
    Noch fühl ich nach den Ton vom Scheidegruße,
    Den Druck der Hand;
    Des Meeres Welle rauscht vor...

  • Es trägt uns der Nachen hinaus in die Nacht,
    Es wiegen die Wellen uns wohlig und weich,
    Wir sitzen in seeligem Sinnen.
    Hoch über uns stehen die Sterne so still
    Und unter uns rieselt vom Ruder erregt
    Ein Geleise von lebenden...

  • Ich sitz' in milder Sommernacht
    Im Garten ganz allein.
    Der Linde Grün in stiller Pracht
    Durchstrahlt der Mondenschein.
    Die Lüfte wiegen sanft und kühl
    Die Welt in stilles Wohlgefühl
    Und ich gedenke Dein.
    ...

  • Ich war, indem wir schieden,
    Noch immer unzufrieden
    Daß meine Lippen so gezagt.
    Ich hatte mir beim Kommen
    So Vieles vorgenommen –
    Das Beste ließ ich ungesagt.

    Doch wenn ich mich besinne
    Was Dir mein...

  • Der Schmerz hat recht und nur im Schmerze
    Liegt was ihn tröstet, was ihn lindert.
    Nicht ewig können wir besitzen
    Doch ewig lieben ungehindert.

    Und wo wir ewig lieben müssen
    Und was wir hatten nie vergessen,
    Da...