Beredtes Schweigen

Ich war, indem wir schieden,
Noch immer unzufrieden
Daß meine Lippen so gezagt.
Ich hatte mir beim Kommen
So Vieles vorgenommen –
Das Beste ließ ich ungesagt.

Doch wenn ich mich besinne
Was Dir mein Herz gewinne,
So ist es eben diese Kraft
Die meine Gluthgedanken
Mit leisen Zauberschranken
Zurückhält in des Schweigens Haft.

Ich möcht' es nimmer zeigen
Und muß gestehn durch Schweigen
Von deiner Huld bekehrt zu sein.
Dich wild und heiß umfangen
Das war mein erst Verlangen,
Das zweite – deiner werth zu sein.

Collection: 
1871

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