Zöblitz, im Mai 1853.
Ein Pfingsten kam – o welche Festesfeier!
Der schöne Mai im hellen Blütenkranz
Zerreist des Himmels düstern Wolkenschleier,
Und zeigte ihn in seinem blau’sten Glanz. –
Kann solche Wonne auch im Kerker wohnen?
Ist da auch Frühling, auch der holde Mai?
Glühn auf Gefangnenstirnen Flammenkronen,
Des heil’gen Geistes wunderbare Weih?
Und ist im Kerker holde Maienwonne,
Geoffenbart in Lenz- und Liebeslust?
Dreimal gesegnet hohe Pfingstensonne,
Die solche Stätte zu erhelln gewußt!
Der Riegel sprang und schloß er auch sich wieder
Ich war bei Dir, und bot Dir meinen Gruß –
Du neigtest lächelnd Dich zu mir hernieder
Die Worte starben im Verlobungskuß.
Der erste Kuß! – bei uns der Kerkermeister
Kein Augenblick nur trauter Einsamkeit;
Doch hemmte nichts die Wonne unsrer Geister –
Der Raum war enge, doch die Herzen weit.
Von Deiner Stirne sprach des Geistes Weihe
Und Deine Rede war von Gott entflammt –
Ich bat ihn nicht, daß er Dir Trost verleihe –
Er gab Dir mehr – sein hohes Priesteramt.
Ich hätte mögen vor Dir niederknieen,
„Mein hoher Herr!“ Dich nennen demutvoll –
Und ließ mich doch in deine Arme ziehen,
Daß mir das Herz in süßer Wonne schwoll.
Und vor uns eines neuen Kerkers Schauer,
Und neuer Trennung unermeßnes Leid –
Die Liebe, im Bewußtsein ew’ger Dauer
Schwang doch sich siegreich über Raum und Zeit!
Die Liebe triumphiert ob aller Schranken,
Daran ein liebeleeres Herz zerschellt:
Du mein! ich Dein! – kein Zweifel mehr, kein Wanken!
Und siegreich überwunden ist die Welt!