III. Waldheim, 4. März 1854.
Fünf Jahre sind im Kerker schon vergangen –
Zum fünften mal kehrt Dein Geburtstag wieder –
Ich kam zu Dir mit Sehnen und mit Bangen –
Und tief beschämt senk’ ich mein Auge nieder
Vor Deiner Herrlichkeit in Schmach und Leiden,
Vor Deiner Kraft im Dulden und Entbehren!
Du sprichst von Liebe nur, von Seligkeiten,
Wo andre sich in Schmerz und Zorn verzehren!
Ein Gitter fiel – doch eines ist geblieben,
Uns trennend, die wir ewig doch verbunden –
Die wir ganz eins im Streben und im Lieben,
Wie That und Wort seit Jahren es bekunden!
O laß mich Dir die Hand durchs Gitter reichen!
Du neigst Dich nieder – küßt sie süß und heiß,
Dazu des Blickes holdes Liebeszeichen –
Kein andres brauchts, da ich so froh Dich weiß!
Sieh, Deiner Küsse und des Gitters Spuren
Sind meiner Hand so sichtbar eingeprägt
Wie Nägelmale, wie auf Frühlingsfluren
Ein Quell hervorbricht und drin Wunden schlägt.
Von Nägelmalen wissen wir zu sagen,
Von Quellen, die als helle Thränen flossen,
Doch auch von Blüten, die wir in uns tragen,
Die aus den liebeselgen Herzen sprossen!