In der großen Stadt Paris
Müde gähnt ein Kutscherlümmel
Nach dem kalten Sternenhimmel.
Keiner pfeift ihm, keiner winkt ihm,
Und das Haupt voll Schlummer sinkt ihm
In des Mantels warmes Vließ.
Aus der Kneipe trübem Tor
Gröhlt ein Lärm von trunk’nem Jassen,
Schwankt ein Weib durch stille Gassen.
Aus dem ungezähmten Munde
Bricht ein Fluchen in die Runde
Wie ein wüster Strom hervor:
„Schlag’s doch! schlag das Würmlein tot!
Denk, es sei ein böser Kater!
Teufel! Hund von einem Vater!
Hast auch mich auf’s Blut geschlagen,
Kannst es selbst ins Wasser tragen,
Gabst ihm nie kein Stücklein Brot!
O mein gutes, o mein Kind!
Wie du lachen kannst, die runden
Ärmchen mir ums Haupt gewunden!
Ei doch, laß das dumme Lachen!
Vater will dich schlafen machen
Drüben, wo die Seine rinnt.
Ich betrunken? Säufer! bleib,
Daß ich dir die Flasche .... hörst du,
Daß ich nüchtern bin, das schwörst du!
Nimm das Kind, es lacht so häßlich!“
Also fluchend taumelt gräßlich
Durch die Straßen hin das Weib.
Vor dem Kutscher, haltlos, schwer
Schlagen die gelösten Glieder
In den Schlamm der Gosse nieder.
Aufgescheucht aus lindem Schlummer
Lacht er ohne Menschheitskummer!
„Ei, wo fiel das Untier her?“
Springt vom Bock zur raschen Tat,
Hebt sie in den dunklen Wagen;
Und, von Polstern weich getragen,
Rollt sie wie die reichen Leute,
Schlummerglücklich wie die Bräute,
Durch die menschenscheue Stadt!
Durch die Stadt, wo einst im Blut
Weiber um Schaffotte sprangen,
Lustigwild Ça ira! sangen,
Fährt die trunk’ne Mutter, fröhlich
Eingewiegt und murmelt selig:
„O wie sind die Menschen gut!“
Tappt sich aus dem Wagentor
Auf die dunkeln Dachraumstiegen;
Find’t ihr Kind im Bettlein liegen,
Lächelnd, plaudernd, wie die Kleinen
Nächtlich tun. Da springt ein Weinen
Ihr aus wundem Herz empor.
Wendet, der sie heimwärts wies,
Seine müden Räderpaare.
Kutscherlümmel, Großstadtware!
Keiner pfeift ihm, keiner winkt ihm,
Und das Haupt voll Schlummer sinkt ihm
In der großen Stadt Paris.