Allein, allein in mitternächt’ger Stunde,
Und mitternächtig finster ist mein Leben,
Am Horizonte will kein Strahl mir Kunde
Von einem lichten Morgenrote geben.
Die Thrän nur, die mir im Auge hängt,
Sie ist mit mir, sie ist mir treu geblieben,
Ein flehend Kind, das sich hervorgedrängt
Und das man nur aus Mitleid nicht vertrieben.
Allein, allein – die Liebe ist begraben,
Ich selbst bin nur die bleiche Trauerweide,
In deren Zweige sich verwandelt haben
Mein Liebesjubel, meine Liebesfreude;
Und was mich sonst an andre Herzen band,
Mich ließ als Epheu manchen Stamm umranken,
Das hab ich all als nichtgen Traum erkannt –:
Der Epheu muß allein im Freien schwanken.
Allein, allein! doch Du bist mir geblieben,
Die mit dem Kind zu Spiel und Fest gegangen,
Die für der Jungfrau frühlingselig Lieben
Die Töne fand, die nur von Liebe klangen.
Du, die mir ihren Zauberstab verlieh,
Die Nacht zu hellen, wo sie mich umdunkelt,
Du bist mir treu, bist mein, o Poesie,
Sei auch der Stern, der diese Nacht mir funkelt.
Ja sei ein Stern an meinem Abendhimmel,
Sei Du mir selbst ein treuer Hesperus.
Doch in des Lebens, in der Zeit Gewimmel
Strahl andern als des Morgensternes Gruß,
Ob abendlich mir Aug in Thränen taut,
Ob in mir Nacht – was brauchts die Welt zu wissen!
Die Welt, für die ein neuer Morgen graut,
Der sie aus Traum und Schlummer aufgerissen.
Und diesem Morgen jauchz’ auch ich entgegen,
Wo wir der Freiheit Sonnenaufgang feiern,
Den heißen Erntetag, wo reichen Segen
Von langer Saat wir sammeln in die Scheuern.
Das Los, das einer jungen Blüte fiel,
Wer wird nach dem bei solcher Ernte fragen?
Ob sie verwelkt, geknickt an ihrem Stiel –
Nehmt sie zum Festkranz auf dem Erntewagen.
Nein, nicht allein! – will mich auch niemand lieben –
Will niemand meines Herzens Qual verstehen –
Muß jedes Band zerreißen und zerstieben
Weithin zerflatternd in die Lüfte wehen:
So nehm ich dieses Herz das ungezähmte
Und leg es meinem Vaterland zu Füßen–
Das sich um eines Menschen Schicksal grämte –
Dies Herz soll nur dem Ganzen sich erschließen.
Und an die Armen sei’s dahin gegeben,
Die obdachlos vor prächt’gen Häusern stehen
Und hungerbleich die leere Hand erheben,
Auf die verächtlich stolz die Reichen sehen.
Die kleine Münze, die ich Euch kann weihen,
Ihr Armen lindert wenig Euren Schmerz
Doch hör ich Euer Rufen, Euer Schreien,
So fleh ich Euch: „nehmt Ihr, nehmt Ihr mein Herz!“
O könnte ich aus allen Euern Jammern,
Aus allen Freveln, die an Euch geschehen
Aus aller Not in Euern öden Kammern,
Vor denen Laster als Versucher stehen.
Könnt ich ein Lied aus diesen Allen weben
Und könnt es laut auf allen Gassen singen –
Dann sollten wohl viel starre Herzen beben,
Viel Augen übergehn, viel Ohren klingen.
Nein, nicht allein! – ich will nicht fürder träumen
Vom eitlen Herzen, das nach gleichem strebte,
Will Herz und Schmerz nicht, Not und Brot nur reimen
Und will es büßen, daß ich selbst mir lebte.
Mich segnet ja der Himmel doch durch Lieder,
Wenn er mir auch verweigert Gut und Gold,
Was er mir giebt – den Armen weih’ ichs wieder
Ein Liebeszeichen, das ich gern gezollt.