Das Mahl zu Heidelberg

Von Württemberg und Baden
Die Herren zogen aus,
Von Metz des Bischofs Gnaden
Vergaß das Gotteshaus;
Sie zogen aus zu kriegen
Wohl in die Pfalz am Rhein,
Sie sahen da sie liegen
Im Sommersonnenschein.

Umsonst die Rebenblüthe
Sie tränkt mit mildem Duft,
Umsonst des Himmels Güte
Aus Aehrenfeldern ruft:
Sie brannten Hof und Scheuer,
Daß heulte groß und klein;
Da leuchtete vom Feuer
Der Neckar und der Rhein.

Mit Gram von seinem Schlosse
Sieht es der Pfälzer Fritz;
Heißt springen auf die Rosse
Zwei Mann auf einen Sitz.
Mit enggedrängtem Volke
Sprengt er durch Feld und Wald,
Doch ward die kleine Wolke
Zum Wetterhimmel bald.

Sie wollen seiner spotten,
Da sind sie schon umringt,
Und über ihren Rotten
Sein Schwert der Sieger schwingt.
Vom Hügel sieht man prangen
Das Heidelberger Schloß,
Dorthin führt er gefangen
Die Fürsten sammt dem Troß.

Zu hinterst an der Mauer,
Da ragt ein Thurm so fest,
Das ist ein Sitz der Trauer,
Der Schlang’ und Eule Nest:
Dort sollen sie ihm büßen
Im Kerker trüb und kalt,
Es gähnt zu ihren Füßen
Ein Schlund und finst’rer Wald.

Hier lernt vom Grimme rasten
Der Württemberger Utz,
Der Bischof hält ein Fasten,
Der Markgraf läßt vom Trutz.
Sie mochten schon in Sorgen
Um Leib und Leben seyn,
Da trat am andern Morgen
Der stolze Pfälzer ein.

„Herauf, ihr Herrn gestiegen,
In meinen hellen Saal!
Ihr sollt nicht fürder liegen
In Finsterniß und Qual.
Ein Mahl ist euch gerüstet,
Die Tafel ist gedeckt,
Drum wenn es euch gelüstet,
Versucht ob es euch schmeckt!“

Sie lauschen mit Gefallen,
Wie er so lächelnd spricht,
Sie wandeln durch die Hallen
An’s gold’ne Tageslicht.
Und in dem Saale winket
Ein herrliches Gelag,
Es dampfet und es blinket,
Was nur das Land vermag.

Es satzten sich die Fürsten;
Da mocht’ es seltsam seyn!
Sie hungern und sie dürsten
Beim Braten und beim Wein;
„Nun, will’s euch nicht behagen?
Es fehlt doch, deucht mir nichts?
Worüber ist zu klagen?
An was, ihr Herrn, gebrichts?“

„Es schickt zu meinem Tische
Der Odenwald das Schwein,
Der Neckar seine Fische,
Den frommen Trank der Rhein!
Ihr habt ja sonst erfahren,
Was meine Pfalz bescheert!
Was wollt ihr heute sparen,
Wo Keiner es euch wehrt?“

Die Fürsten sah’n verlegen
Den Andern Jeder an,
Am Ende doch verwegen
Der Ulrich da begann:
„Herr, fürstlich ist dein Bissen,
Doch Eines thut ihm Noth,
Das mag kein Knecht vermissen!
Wo ließest du das Brod?“

„Wo ich das Brod gelassen?“
Sprach da der Pfälzer Fritz,
Er traf, die bei ihm sassen,
Mit seiner Augen Blitz;
Er that die Fensterpforten
Weit auf im hohen Saal,
Da sah man aller Orten
In’s off’ne Neckarthal.

Sie sprangen von den Stühlen,
Und blickten in das Land,
Da rauchten alle Mühlen
Rings von des Krieges Brand;
Kein Hof ist da zu schauen,
Wo nicht die Scheune dampft,
Von Rosses Huf’ und Klauen
Ist alles Feld zerstampft.

„Nun sprecht, von wessen Schulden
Ist so mein Mahl bestellt?
Ihr müßt euch wohl gedulden,
Bis ihr besä’t mein Feld,
Bis in des Sommers Schwüle
Mir reifet eure Saat,
Und bis mir in der Mühle
Sich wieder dreht ein Rad.“

„Ihr seht, der Westwind fächelt
In Stoppeln und Gesträuch;
Ihr seht, die Sonne lächelt,
Sie wartet nur auf euch!
D’rum sendet flugs die Schlüssel,
Und öffnet euren Schatz,
So findet bei der Schüssel
Das Brod den rechten Platz!“

Collection: 
1828

More from Poet

  • 1822

    Seine Hoffnung und sein Sehnen
    Ist's, was an der Liebsten Fest
    Unter Seufzern, unter Thränen,
    Jünglings Leier tönen läßt.
    Wer in seines Weibes Arme,
    Zwischen Kinderwiegen, ruht,
    Wie kann der von...

  • 1815

    O aller Berge Quellen,
    Tönt mit berauschten Wellen
    Vernehmlich durch die Luft!
    O aller Thäler Bäume,
    Säuselt mir leise Träume,
    Und sendet süßen Duft!

    Es sollen alle Sinne
    Der Freude...

  • 1814

    Wo bist du, Zeit der Plage,
    Der ungestillten Lust?
    Ruhst du, o Glut und Klage?
    Wirst du so mild, Verlust?

    Die Sonne schon im Sinken
    Verkläret ihren Schein,
    Die Bäum und Büsche winken,
    ...

  • 1811

    Der Priester schweigt, es sendet die Gemeine
    Von halbbewegten Lippen stumme Bitte;
    Verklärend gießet ihre Heilgenscheine
    Die Sonne nieder in der Beter Mitte.
    Dort steht, von ihrem Glanz umwallt die Meine,...

  • 1811

    Endlich rauscht des Stromes Welle,
    Die so fremd mir klang, vertraut;
    Berg und Thäler schauen helle,
    Und der Geist der Flur wird laut.
    Heimat ist's in meiner Seele,
    Heimisch wird mir nun das Land,
    ...