Johann Gottfried Herder

  • Venus,
    die dem Amor die Flügel nimmt.

    Mutter der Liebe, du hast dem Sohn die Flügel geraubet,
         Und nun weint er, und fleht um ein phantastisches Glück.
    Gieb, o! gieb es ihm wieder. Erzwungen – beständige Liebe
         Quält die Geliebte mehr, als sie den...

  • Psyche
    schiffend mit Delphinen

    »Wohin ruderst du, Psyche, von zwei Delphinen geführet?«
         Ueber des Lebens Strom gleit’ ich, o Wanderer, hin.
    Glücklich wurden auf ihm mir Musenliebende Führer,
         Und zur sicheren Fahrt Ruder und Steuer verliehn.

  • Parthenope.
    Ein Seegemählde bei Neapel.

    Ermüdet von des Tages schwerem Brande,
         Setzt’ ich danieder mich ans kühle Meer.
    Die Wellen wallten liebend hin zum Strande
         Des holden Ufers, das mich rings umher
    5 Umfieng mit seinem zaubrischen Gewande...

  • Nacht und Tag.

    Goldenes, süßes Licht der allerfreuenden Sonne,
         Und du friedlicher Mond, und ihr Gestirne der Nacht,
    Leitet mich sanft mein Leben hindurch, ihr heiligen Lichter,
         Gebt zu Geschäften mir Muth, gebt von Geschäften mir Ruh,
    5 Daß ich...

  • Madera.

         Und zum Schlusse dieses Festes
    Kosten wir ein Glas Madera.
    Süß und traurig: zum Gedächtniß
    Aller unglückselgen Liebe.

    5      Robert Machin, Anna d'Arfet,
    Er, ein edler Britten-Jüngling.
    Sie, die Tochter stolzer Eltern,
    Beide...

  • Macht der Liebe.
    Nach dem Spanischen.
    Liebe wechselt Berg und Thale,
    Machet Höhn und Tiefen gleich,
    Diese Flur zum Göttersaale,
    Jenen Hain zu Paphos Reich.
    5 Wer geliebet wird und liebte,
    Schäfer oder Schäferinn,
    König dünkt sich der...

  •   
                        Lilie und Rose.

         Lilie der Unschuld, und der Liebe Rose,
    Wie zwo schöne Schwestern, steht ihr bei einander:
    Aber wie verschieden!

         Du der Unschuld Blume, bist dir selbst die Krone:
    5 Ohne Schmuck der Blätter, auf dem...

  • Lied eines Gefangenen.
    Eine Spanische Romanze.

         Wohl ist nun der schöne Maimond,
    Da die Lüftchen wehn im Thal,
    Da die Lerche lieblich singet,
    Lieblich singt die Nachtigall.

    5      Da sich Treugeliebte wieder
    Neu dem Dienst der Liebe weihn;...

  •    
              Lied des Lebens.

         Flüchtiger als Wind und Welle
    Flieht die Zeit; was hält sie auf?
    Sie genießen auf der Stelle,
    Sie ergreifen schnell im Lauf;
    5 Das, ihr Brüder, hält ihr Schweben,
    Hält die Flucht der Tage ein.
    Schneller...

  •    
              Liebe und Gegenliebe.

         Als einst die Mutter der Anmuth
    Den Knaben Amor gebar,
    Bekränzt’ er, ein einziges Söhnchen,
    Mit Rosen sein lockiges Haar.

    5      Er schuf nur Quaalen den Herzen;
    Die zarte, süßere Pflicht,
    Mit...