... Der für die Menschheit starb

... DER FÜR DIE MENSCHHEIT STARB
 Dezember 1916

Soll niemals denn der stille Stern
des Friedens wieder leuchten,
wo alle Menschen doch so gern
das Dunstgewölk verscheuchten?
Soll immer denn der blutige Strom
das Glück der Welt verheeren?
Steht nirgendwo ein Gottesdom,
der Todesflut zu wehren?
Starb nicht dereinst am Kreuz ein Mann,
die Menschheit vom Bösen,
von Neid und Haß und Teufelsbann
für immer zu erlösen? –
O Jesus, hör! Die Menschheit weint
und fleht um deinen Segen.
Barhäuptig neigen Freund und Feind
sich dir auf allen Wegen.
Tönt Antwort von dem Kruzifix?
Mir scheint, das Bild hat Leben.
Die Augen seh ich zornigen Blicks
sich übers Land erheben ...
Schweigt! Eure Demut ist zu klug!
Ich helfe nicht zum Siege.
Was schert’s mich, wer mit Lug und Trug
gewinn’ und unterliege?
Der für die Menschheit starb, bereut’s!
Spart euch Gebet und Klage!
Schlagt ihr doch euern Gott ans Kreuz
mit jedem neuen Tage!

Collection: 
1920

More from Poet

  • Mein Blut ist heiß; mein Herz schlägt toll;
    mein Hirn ist wogenden Weines voll. -
    Auf der Brust der bohrende, schrille Druck;
    auf der Zunge der letzte süße Schluck. -
    Nun heim! - Im weichen Kissen vergessen,
    was mir Wein und...

  • Nun endlich stehst du weiß und nackt
    vor süßen Sünden zitternd hier -
    und meines Pulsschlags wilder Takt
    schlägt rasend an die Sinne dir.
    Und meine Augen halten dich
    wie straffe Seile fest umspannt. -
    In meinen Willen...

  • Willst du mich höhnen, daß in meiner Qual
    ich zu dir floh?
    O wüßt' ich doch, ob irgendwo
    ich weinen - weinen könnt' einmal!
    Nennst du es Liebe, daß in rohen Nächten
    du deine Arme um mich schlangst?
    Den Hals mir...

  • Meine Augen trinken deine Blicke. -
    Meine Seele weiß von deinem Fühlen.
    Daß die schwere Nacht aus ihrem schwülen
    Drücken kuppelnd einen Stern doch schicke! -
    Meine Hände tasten nach deiner Sucht. -
    Meine Lippen küssen deine Glut...

  • Wir schwiegen nebeneinanderher, -
    um uns erstarb die graue Nacht,
    der Nächte eine - bleich und schwer,
    die ich so oft mit dir durchwacht.
    Mein Sinnen hing an deiner Qual. -
    Du fühltest, wie ich um dich litt.
    Lau ging...